Das letzte Geleit - Ehrenamtliche Sargträger werden seltener
Saarmund (dpa) - Schwarzer Anzug, weißes Hemd: die Kleiderordnung ist wichtig. Die Männer müssen zudem in guter körperlicher Verfassung sein. Doch Sargträger sind gerade in Städten immer weniger gefragt.
Günter Erdmann (62) macht nicht viele Worte um sein Ehrenamt. An die Namen der Nachbarn, die er mit unter die Erde gebracht hat, kann er sich aber gut erinnern. Als ehrenamtlicher Sargträger ist er seit gut 30 Jahren in Saarmund (Brandenburg) im Einsatz. Auf dem kleinen Friedhof inmitten des 1800-Einwohner-Ortes sind die Grabstellen bereits für Totensonntag geschmückt.
Freizeit-Sargträger, die ihr Amt freiwillig und ohne Entlohnung ausüben, gibt es bundesweit nicht mehr viele. Meist erledigen Mitarbeiter der Bestattungsunternehmen diese Aufgabe. Sie tragen bei der Beerdigung den Sarg und lassen ihn dann in die ausgehobene Grube herunter.
„Früher waren es meist Angehörige, die ihre Verstorbenen auf dem letzten Weg begleiteten“, sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur. Die Träger hätten sich aus dem Freundes- und Bekanntenkreis rekrutiert. „Es ist eine ehrenvolle Aufgabe und ein letzter Dienst.“
In kleineren Kommunen, vor allem in Dörfern, werde der Brauch heute zum Teil noch gepflegt, sagt Andreas Dieckmann von der Bestatter-Innung von Berlin und Brandenburg. In einigen Orten gebe es auch noch sogenannte Beerdigungsvereine. Mitglieder zahlen einen Beitrag und sichern sich damit bereits zu Lebzeiten einen Träger für den Sarg oder die Urne.
In den Städten wird anonymer beerdigt. Der Brauch des Sargträgers ist nicht mehr verbreitet. Grund ist die zunehmende Zahl der Urnenbeisetzungen oder anonymen Bestattungen. Das ist oft billiger, auch die Pflege der Grabstelle ist nicht so aufwendig. „Doch es deutet sich ein anderer Trend an“, erklärt Wirthmann. „Trauerfeiern werden opulenter und zu einem Ereignis, dass den Hinterbliebenen im Gedächtnis bleiben soll.“
Im brandenburgischen Saarmund setzt sich der ehrenamtliche Ortsbürgermeister Kurt Kühne (SPD) für die Bewahrung des Brauches ein. „Solange ich im Amt bin, gibt es weiter Sargträger“, sagt der 66-Jährige. Aus seiner Sicht sparen die Einwohner dadurch Geld. Ein paar Euro weniger, wenn der Sargträger ehrenamtlich arbeite, könne mancher Familie helfen. „Es gibt genug rüstige Rentner, die bereit stehen, und nicht mehr zur Arbeit müssen.“ Und auch Jüngere hätten Interesse gezeigt.
Doch seit Frühjahr vergangenen Jahres waren die Dienste der Ehrenamtlichen nicht gefragt. Günter Erdmann, der die Einsätze der Freiwilligen koordiniert, erklärt es sich damit: Es gab mehr Urnenbeisetzungen. Erdmanns Vorgänger im Amt, Uwe Marzahn, kann das beweisen. In einem Notizbuch hat er es festgehalten.
„Sechs Männer tragen immer den Sarg“, erklärt Marzahn. Von der Leichenhalle zur Grabstelle sei manchmal eine gute Wegstrecke zurückzulegen. Vorsichtig wird der Sarg dann an der Grabfläche heruntergelassen und gleitet nach dem Gebet mit Hilfe von Gurten in die Grube. Trauer könnten sich die Männer dabei nicht gestatten, sagt Erdmann. „Wir müssen uns auf den Sarg konzentrieren.“