Die Größe trügt: Bei Kinderschuhen immer nachmessen

Potsdam (dpa/tmn) - Auf die aufgedruckte Größe verlassen sich Eltern besser nicht, wenn sie Schuhe für ihre Kinder kaufen. Besser ist es, vom Kinderfuß eine Schablone zu zeichnen und diese zum Kauf mitzunehmen.

Nachmessen, fühlen, biegen: Beim Kauf von Kinderschuhen lohnt es sich, Hand anzulegen. Denn häufig entspricht die angegebene Schuhgröße nicht der tatsächlichen Innenlänge. Eltern können sich daher nicht auf die Größenangaben verlassen, sondern müssen nachmessen. Ob ein Schuh weich ist und die Bewegungen des Kinderfußes mitmacht, merken Mütter und Väter, indem sie die Modelle in die Hand nehmen und biegen.

Viele Kinder laufen in Schuhen herum, die nicht passen. Das ergeben Reihenmessungen in regelmäßigen Abständen. Das Forschungsteam Kinderfüße - Kinderschuhe aus Österreich stellt seit Jahren bei seinen Untersuchungen fest, dass mehr als die Hälfte der Kinder in zu kurzen Schuhen herumläuft. Messungen aus dem Jahr 2008 ergaben, dass in Deutschland sogar zwei Drittel (rund 66 Prozent) der Kinder zu kurze Schuhe trugen.

Die Universität Potsdam fand ebenfalls heraus, dass viele Kinder falsche Schuhgrößen tragen: Forscher des Instituts für Sportmedizin und Prävention vermaßen zwischen 2006 und 2007 die Füße von rund 11 000 Kindern in Deutschland und der Schweiz und schauten, welche Schuhgrößen die Kinder trugen. Das Ergebnis: Neben zu kleinen hatten mehr als 40 Prozent der Jungen und Mädchen zu große Schuhe an.

Zu groß, zu klein: Die Ergebnisse sind uneinheitlich. Sie zeigen aber, dass Eltern offensichtlich zu den falschen Schuhen greifen. Ein Hauptgrund dafür dürfte sein, dass die angegebenen Schuhgrößen oft nicht mit der tatsächlichen Schuhinnenlänge übereinstimmen. „Wir haben nach wie vor die Situation, dass rund 90 Prozent der Kinderschuhe falsch ausgezeichnet sind“, sagt Wieland Kinz, Sportwissenschaftler vom Forschungsteam Kinderfüße-Kinderschuhe in Salzburg.

„Es gibt bei Schuhgrößen keine einheitliche Norm, sagt Annette von Czarnowski vom Deutschen Schuhinstitut in Offenbach. Das heißt: Die angegebene Größe auf einem Schuh ist bestenfalls eine Orientierung. Eltern stehen aber noch vor einem weiteren Problem. Kleinkinder fühlen nicht wie Erwachsene, ob ein Schuh passt. „Das Nervensystem an den Füßen ist noch nicht ausgereift“, erklärt Steffen Müller von der Uni Potsdam, der die Kinderfüße vermessen hat.

Zu kurze, aber auch zu große Schuhe schaden dem weichen Kinderfuß. Sie können zu Druck- und Scheuerstellen führen, weil der Fuß hin und her rutscht, warnt Müller. Oder die Kinder krallen bei jedem Schritt, was ermüdet und auf lange Sicht zu Problemen führen kann, ergänzt Kerstin Bosch, die am Sozialpädiatrischen Zentrum Westmünsterland ein Ganglabor leitet.

Kinderfüße wachsen schnell. Im Alter von drei bis sechs Jahren legen sie im Schnitt einen Millimeter pro Monat zu. „Es kann sein, dass ein paar Wochen lang gar nichts passiert und der Fuß dann plötzlich einen Schub macht“, erklärt Müller. Er rät, die Fußlängen mindestens alle sechs Monate, im Kleinkindalter besser alle drei Monate zu messen - und die Schuhe zu überprüfen.

Müssen neue Paare her, sollte der Schuhhändler neben dem Kinderfuß auch die Innenlänge der ausgewählten Schuhe messen. Weil sich die Zehen beim Gehen nach vorne schieben, muss vorne ausreichend Platz sein. Das Deutsche Schuhinstitut rät zu 12 bis 15 Millimetern (mm) Zugabe. Laut Wieland Kinz dürfen neue Schuhe sogar bis zu 17 mm länger als der Fuß sein. Er rät Eltern, eine Pappschablone zu basteln: Dafür stellen sie das Kind barfuß auf einen Karton, zeichnen den Fußumriss, fügen an den längsten Zeh 17 mm und schneiden einen zwei Finger breiten Streifen aus. Passt der Streifen in den Schuh, ist dieser lang genug.

Wer nicht basteln möchte, kann die Schuhsohle herausnehmen und das Kind darauf stellen. „Dann sehen Sie, ob der Schuh lang und breit genug ist“, rät Kerstin Bosch. „Am längsten Zeh sollte eine Erwachsenenfingerbreite zugegeben werden.“

Kinder haben unterschiedlich breite Füße. Entsprechend gibt es schmale und breitere Schuhe. Eltern sollten entweder die Breite mitmessen lassen oder selbst schauen und fühlen. „An der Ferse muss der Schuh eine gute Führung haben, damit der Fuß nicht rausschlappt“, rät Kerstin Bosch.

Eltern können mit gutem Gewissen gebrauchte Schuhe für ihre Kinder kaufen. Sie sollten aber genau hinsehen. Ist die Sohle einseitig abgelaufen, lassen sie die Schuhe besser im Regal stehen, rät Kerstin Bosch vom Sozialpädiatrischen Zentrum Westmünsterland. Gleiches gilt, wenn der Schuh schräg nach innen oder außen steht. „Das merken Sie, wenn Sie die Schuhe hinstellen und von hinten auf die Ferse schauen.“