Ende eines Lebensjahrzehnts lässt grübeln - und Extreme suchen

New York (dpa) - Runde Geburtstage sind nicht für jeden ein Grund zum Feiern. Oft bilanzieren Menschen ihr Dasein in den Monaten davor besonders eindringlich, fanden Forscher heraus. Hinzu komme eine Neigung zu Extremen.

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Zum Ende eines Lebensjahrzehnts denken viele Menschen besonders intensiv über ihr Leben nach. Mit 29, 39 oder 49 Jahren werde stärker darüber gegrübelt, ob das eigene Dasein sinnvoll und ausgefüllt ist, berichten US-Forscher in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“). Menschen neigten dann auch zu radikalerem Verhalten - im Positiven wie im Negativen. Sie gingen zum Beispiel häufiger fremd oder trainierten besonders intensiv für einen Marathon.

Viele Gesellschaften teilten die Lebensspanne in Zehn-Jahres-Abschnitte, schreiben Adam Alter von der New York University und Hal Hershfield von der University of California in Los Angeles. Häufig werde über „die Zwanziger“ oder „die Dreißiger“ eines Lebens gesprochen. Jede neue Dekade kennzeichne das Ende einer Ära und den Beginn einer neuen.

Um zu untersuchen, inwieweit diese Einteilung das Befinden und Verhalten der Menschen beeinflusst, konzipierten die Forscher sechs Studien. In der ersten befragten sie mehr als 42 000 Erwachsene zwischen 25 und 64 Jahren aus 100 Ländern, wie oft sie über den Sinn und Zweck ihres Lebens nachdachten. Die Angaben brachten sie dann mit dem Lebensalter der Befragten in Verbindung. Tatsächlich gaben die „Neun-Ender“ - also die 29-Jährigen, 39-Jährigen und so weiter - besonders häufig an, über den Sinn ihres Lebens nachzudenken. Der Unterschied war allerdings klein.

In der zweiten Studie baten die Forscher 337 Probanden, sich vorzustellen, wie sie sich in der Nacht vor ihrem nächsten runden Geburtstag fühlen würden. Schon allein die Vorstellung einer anbrechenden neuen Dekade lies die Befragten nachdenklicher und sorgenvoller werden, zeigten die Antworten. In den folgenden zwei Studien werteten die Forscher Datenbanken aus: Dabei fanden sie auf einem Seitensprung-Portal und im Selbstmord-Register der Vereinigten Staaten überdurchschnittlich viele Neun-Ender.

Neben solchen Reaktionen nehmen am Ende einer Dekade auch produktive Verhaltensweisen zu. So fanden sich unter 500 Erstteilnehmern eines Marathons überdurchschnittlich viele Neun-Ender: Es waren fast 50 Prozent mehr als aufgrund von zufälliger Verteilung zu erwarten gewesen wäre. Und als Neun-Ender liefen die Läufer mitunter auch schneller, zeigte eine weitere Untersuchung: Einzelne Marathon-Läufer hatten am Ende einer Dekade bessere Zeiten als in den zwei Jahren zuvor oder danach. Dies deute darauf hin, dass sie besonders hart trainiert hätten und besonders motiviert seien.

Neun-Ender beschäftigen sich verstärkt mit dem Altern und der Bedeutung des Lebens. Das äußere sich mit mehr Verhaltensweisen, die auf die Suche nach Bedeutung oder eine Bedeutungskrise hinweisen, fassen die Forscher zusammen. Die Studie helfe, die psychologischen Veränderungen angesichts von nahendem Ende und frischem Beginn besser zu verstehen.