Gezielte Übungen: So steigert man die Merkfähigkeit
Mannheim (dpa/tmn) - In der Zeitung das Kreuzworträtsel oder das Sudoku lösen: Viele Senioren lieben das. Doch solche Denksportaufgaben allein reichen nicht, um das Gedächtnis nachhaltig zu trainieren.
Wer auch im Alter geistig fit sein will, muss mehr tun. Dazu gehört vor allem, öfter mal festgefahrene Gewohnheiten zu durchbrechen und etwas Neues auszuprobieren. Aber es gibt auch gezielte Trainingsmöglichkeiten für das Gedächtnis.
Wer im Internet die Suchbegriffe „Senioren“, „Gedächtnistraining“ und „Übungen“ eingibt, findet Übungen, die kostenlos heruntergeladen werden können. Allerdings: „Man muss sich bewusst sein, dass ein bestimmtes Training nicht das gesamte Gedächtnis verbessert“, sagt Beatrice G. Kuhlmann. Die Juniorprofessorin für Kognitive Psychologie an der Universität Mannheim erklärt, dass es verschiedene Formen des Gedächtnisses gibt. Entsprechend unterschiedlich sind die Übungen.
Beim Kurzzeitgedächtnis geht es um die Menge an Informationen, die jemand für wenige Sekunden im Bewusstsein halten kann. Daneben gibt es das sogenannte Arbeitsgedächtnis. In diesem Speicher wird mit Informationen „gearbeitet“: Sie werden manipuliert und erweitert, wenn es zum Beispiel darum geht, ein Wortspiel zu verstehen.
Beim Langzeitgedächtnis wird grob zwischen dem Faktenwissen und dem episodischen Langzeitgedächtnis unterschieden. „Das episodische Langzeitgedächtnis ist das, was die meisten mit „Gedächtnis“ bezeichnen“, so Kuhlmann. „Erinnerung an in der Vergangenheit Erlebtes, mit all den dazugehörigen Details.“ Das sogenannte prozedurale Gedächtnis steht für Bewegungen und Handlungen, die einem oft nicht bewusst sind. „Zum Beispiel können wir Fahrradfahren, machen das aber „automatisch“ und sind uns nicht bewusst, welche Bewegung genau auf die andere folgt.“
Das sogenannte prospektive Gedächtnis ist auf die Zukunft gerichtet. Dabei geht es nicht um das Erinnern an das, was war, sondern um das, was vor einem liegt - etwa an eine für den Abend gemachte Verabredung denken. „Das Kurz- und Arbeitsgedächtnis, das episodische Langzeitgedächtnis und das prospektive Gedächtnis nehmen mit dem Alter ab und sollten daher trainiert werden“, erklärt Kuhlmann.
Wer etwas für seine geistige Leistungsfähigkeit tun will, sollte aber auch den Körper in Bewegung halten. Darauf weist Erhard Hackler von der Deutschen Seniorenliga in Bonn hin. „Regelmäßige körperliche Bewegung steigert die Durchblutung und die Sauerstoffversorgung des Gehirns, und es steigert auch die Denkfähigkeit“, betont Hackler.
Will man das Erinnern von Namen mit den dazugehörigen Gesichtern trainieren, kann man zum Beispiel eine Illustrierte mit den dort abgebildeten Personen-Fotos betrachten, die dazugehörigen Namen studieren - und später die Bildunterschriften abdecken und das Gelesene aus dem Gedächtnis abrufen.
„Erfolgreiches Gedächtnistraining ist immer auch Konzentrations- und Aufmerksamkeitstraining“, sagt Andrea Friese. Sie ist Pädagogische Leiterin beim Bundesverband Gedächtnistraining (BVGT). Viele Gedächtnisprobleme sind nach ihren Angaben Konzentrationsprobleme.
Die Konzentrationsfähigkeit lässt sich durch eine gezielte Wahrnehmungsschulung steigern. Wer Anregungen für Übungen zu Hause sucht, kann auch Kurse für Ganzheitliches Gedächtnistraining besuchen. „Sie sind inzwischen festes Angebot in Weiterbildungseinrichtungen wie etwa Volkshochschulen oder Familienbildungsstätten“, sagt Friese.
Denkflexibilität kann nach ihren Worten auch zwischendurch im Alltag trainiert werden. Zum Beispiel kann man sich zu jedem Buchstaben des eigenen Vornamens einen Namen und eine Tätigkeit suchen. Etwa bei A: Anni arbeitet.
Wer Probleme hat, sich Namen zu merken, kann den Namen einer Person mit ihren Merkmalen verbinden, wie Kuhlmann sagt: „Vielleicht hat Frau Bäcker rote Haare, dann kann man sich eine Bäckerin am Ofen in einer roten Schürze vorstellen, um sich das zu merken.“
In der Forschung ist laut Kuhlmann sehr gut belegt, dass ältere Erwachsene in vielen kognitiven Aufgaben, also Denkaufgaben, besser werden, wenn sie sie üben. „Verbesserungen in anderen kognitiven Aufgaben, sogenannte Transfereffekte, werden selten beobachtet“, erklärt Kuhlmann.
Nach ihren Angaben sind sich Forscher einig, dass man kognitive Fähigkeiten nicht erweitern oder vergrößern kann. „Vielmehr scheint man lernen zu können, mit den spezifischen Anforderungen einer bestimmten Aufgabe besser umzugehen.“