Initiative sucht Gastfamilien für getrennt lebende Väter
München (dpa) - Wenn Eltern sich trennen, ist das für Kinder schwer. Besonders kompliziert ist es, wenn Vater und Mutter in verschiedenen Städten leben. Häufige Besuche sind oft zu teuer. Eine Initiative vermittelt deshalb kostenlose Gästebetten.
Damit Papa trotzdem kommt.
Papa kommt zu Besuch. Er wohnt im Hotel. Und wenn das Geld nicht reicht, schläft er schon mal eine Nacht im Auto oder im Treppenhaus auf der Isomatte. Alles nur aus einem Grund: Er will sein Kind sehen, wenigstens ab und zu. Nach einer Trennung ist es für viele Väter ein Balance-Akt, wenn sie ihre Sprösslinge weiter regelmäßig treffen wollen, vor allem wenn sie in einer anderen Stadt wohnen. Denn Bahnreisen, Flüge und Hotels sind auf die Dauer teuer. Eine bundesweite Initiative schafft Abhilfe. „Mein Papa kommt“ nennt sich das Netzwerk, das kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten bei privaten Gastgebern vermittelt und schon rege genutzt wird.
Erst kürzlich wurden das Projekt - und sein Pendant „Meine Mama kommt“ - Bundessieger beim deutschlandweiten Wettbewerb Start Social. Auf die Idee kam die evangelische Religionspädagogin Annette Habert aus München, als sie Schüler Wünsche an eine gute Fee aufschreiben ließ. Ein Kind bat um häufigere Besuche seines Vaters - kam der doch nur im Sommer, weil er aus Geldgründen im Auto übernachtete. „Kannst Du da was ändern?“, fragte der Schüler. „Mich hat diese Not der Kinder berührt“, sagt Habert. „Das war kein Einzelfall.“
Gerade nach einer bitteren Trennung birgt es oft Zündstoff, wenn der angereiste Elternteil in der Familienwohnung übernachtet. Erst recht, wenn etwa die Mutter wieder einen neuen Partner hat. Die Alternative: Die Kinder reisen. Für Habert keine Dauerlösung: „Das Kind möchte dem Papa ja sein Alltagsumfeld zeigen.“ Der Spielplatz, die Freunde, den Lieblingsplatz, all das soll er kennenlernen.
Die Idee war schnell geboren. Die ersten Väter brachte Habert bei Freunden und Bekannten unter. Auch in Kirchengemeinden fragte sie nach. Bald wuchs das Netzwerk in vielen deutschen Städten. Mehr als 300 Gastgeber und 120 alleinlebende Väter und Mütter haben sich seit 2009 registriert, sogar aus dem Ausland. Habert, selbst alleinerziehende Mutter dreier Kinder, hält den Kontakt zu beiden Elternteilen für wichtig. „Das Kind erfährt, ich komme von beiden.“ Und bei Problemen bietet die Initiative den Eltern auch Beratung an.
Nicht immer klappt die Vermittlung reibungslos, wie ein Vater bei seinem Besuch in Bonn erfuhr. Die Gastgeber stritten laut. „Da habe ich mich nicht wohlgefühlt“, berichtet der Ingenieur aus München, der anonym bleiben will. Trotzdem will er einen neuen Gastgeber ausprobieren, auch wenn er ein Hotel praktischer findet. Sein Wunsch: „Das Netzwerk muss noch größer werden.“ Dafür wäre er sogar bereit, pro Übernachtung einen kleinen Geldbetrag zu bezahlen, meint er.
Der Berliner Alexander Federolf hat dagegen nur gute Erfahrungen gemacht. 70 Euro fürs Hotel pro Nacht in München - „für mich war das mit super großen Entbehrungen verbunden, die langfristig nicht tragbar gewesen wären“, erzählt er. Da war das kostenlose Bett bei Fremden willkommen. „Die Leute haben mir einfach einen Schlüssel hinterlegt, ich war sehr erstaunt, da wird einem eine Menge Vertrauen entgegen gebracht.“ So beeindruckt war er, dass er in seiner Berliner Wohnung künftig auch ein Bett anbieten will. „Diesen Luxus, den ich genießen konnte, bin ich gerne bereit, weiterzugeben.“
So ähnlich sieht es Gastgeberin Elfriede Schwarz aus München. Schlechte Erfahrungen habe sie noch nie gemacht, dafür zwei Stammbesucher gewonnen - zwei Väter aus Italien und Ungarn. „Man kann sich nichts besseres wünschen, als einen Vater, der Interesse hat an seinem Kind“, findet die 55-Jährige. Dabei gilt ihre Hauptsorge den Kindern. „Das Wichtigste ist dieser kleine Zwerg - dass er merkt, mein Papa kommt. Er hat sich extra in den Zug gesetzt, um mich zu sehen und um einen Tag mit mir zu verbringen.“
In München besuchen manche bei diesen Treffen den Spielraum der evangelischen Fachstelle für alleinerziehende Frauen und Männer, ein Zimmer voller Kindersachen - vom Spielzeug über Wickeltisch und Kuschelecke bis hin zum Fahrradsitz. „Wenn Winter ist, können wir ja nicht den ganzen Tag durch München tingeln“, sagt Federolf. Statt Abhängen im Museum geht dann gemütliches Spielen zu zweit, im Warmen. Dreimal war Federolf mit seiner fünfjährigen Tochter schon da. „Das war für die Kleine ein bisschen wie nach Hause kommen. Sie wusste sofort, Papa kommt, dann gehen wir da hin.“ Eine gute Lösung, die inzwischen sogar Familienrichter oder das Jugendamt empfehlen für ein Treffen zwischen Kind und getrenntem Elternteil.
Seit April 2012 agiert „Mein Papa kommt“ unter dem Dach der Flechtwerk GmbH, die als soziales Unternehmen gegründet wurde. Habert und Ihr Kollege Jobst Münderlein arbeiten derzeit ehrenamtlich. Zwar gibt es die Zusage einer Stiftung, die Initiative weiterhin zu unterstützen, eine Stelle sei damit aber nicht zu finanzieren, sagt Habert. „Wir suchen noch händeringend nach Stiftungen und Spendern.“