Jugendliche können in der Politik mitmischen

Bonn/Hilden (dpa/tmn) - Im Unterricht wird es öde, sobald es um Politik geht. In der Realität sitzen Merkel und Co. im fernen Berlin. Was haben die schon mit dem Alltag der Jugendlichen zu tun? Eine Menge, denn auch Kinder und Jugendliche können in der Politik mitmischen.

Wählen können Jugendliche erst mit 18 Jahren - zumindest den Bundestag. Und wenn da etwas diskutiert wird, ist es manchmal kaum zu durchschauen oder ganz schön langweilig. Dabei findet Politik nicht nur in Berlin oder gar Brüssel statt, sondern in jeder Stadt und jedem Dorf - selbst in der eigenen Schule. Und da können Jugendliche mehr bewirken, als viele von ihnen denken. In einigen Bundesländern haben sie sogar schon mit 16 Jahren das Recht, bei Kommunalwahlen ihre Stimme abzugeben.

„Viele Schüler haben das Gefühl, dass sie ja doch nichts ausrichten können“, erzählt Gabriele Dietrich, die seit vielen Jahren das Projekt „Jugend im Rathaus“ in Wiesbaden organisiert. „Da sind manche erstaunt, dass sich die Politiker gerade in den Ortsbezirken durchaus für sie interessieren und auch für ihre Belange einsetzen“, sagt die Juristin.

Im nordrhein-westfälischen Hilden gilt das Kommunalwahlrecht schon ab 16 Jahren. Wie in vielen anderen deutschen Städten und Gemeinden gibt es dort ein Jugendparlament. „Das wird alle zwei Jahren an den weiterführenden Schulen gewählt“, erklärt Andrea Nowak vom Hildener Jugendbüro. Zur Wahl können sich Jungen und Mädchen in der Regel ab 14 Jahren stellen. „Es gibt aber Ausnahmen, für die Jüngeren haben wir auch noch das Kinderparlament“, erzählt die Sozialpädagogin.

Wöchentlich trifft sich das Jugendparlament in Arbeitskreisen und berät über verschiedene Themen, um die Stadt jugendfreundlicher zu machen. „So haben wir durchgesetzt, dass die Skateranlage erweitert wird und dass es sogar einen Austausch mit dem Jugendparlament in unserer britischen Partnerstadt Warrington gibt.“ Dort haben die Jungparlamentarier auch das „Speed Debating“ kennengelernt, also kurze Treffen, bei denen Jugendliche mit Politikern diskutieren. Das gibt es jetzt auch in Hilden. „Und seit neuestem haben wir sogar eine beratende Mitgliedschaft im Jugendhilfeausschuss, das bedeutet, wir haben Rede- und Antragsrecht“, erzählt Nowak.

Es gibt aber noch mehr Möglichkeiten, um Demokratie hautnah erleben zu können. „Bei der letzten Kommunalwahl haben viele unserer Jugendlichen als Wahlhelfer mitgemacht“, erzählt Nowak. Dafür erhielten die Jugendlichen eine Aufwandsentschädigung. Zudem gehen viele Jugendparlamentarier für Infoveranstaltungen in Schulen und bekommen so mit, was in ihrer Stadt los ist. „Das ist gelebte Kommunalpolitik und ein guter Weg, um Politik zu verstehen“, sagt Nowak.

Das ist auch das Ziel des Europäischen Jugendparlaments (EYP), das es in 35 Ländern gibt. „Wir wollen junge Leute für europäische Themen begeistern“, sagt Monika Seidel, die das EYP in Deutschland mit etwa 60 anderen ehrenamtlichen jungen Leuten leitet. Dafür bietet das EYP regelmäßig simulierte Parlamentssitzungen an, bei denen über Interessen von Jugendlichen in Europa diskutiert wird.

Die jeweiligen Sitzungen bestehen aus Teambuilding, Ausschussarbeit und einer parlamentarischen Vollversammlung. Mitmachen können Jugendliche zwischen 16 und 22 Jahren. Ein politisches Mandat (also direkten politischen Einfluss) hat das EYP zwar nicht, dafür aber engen Kontakt zu Europapolitikern. „Vor allem aber durchschaut man die Politik viel besser und versteht, wo man sich einmischen kann“, erklärt Seidel.

Wer sich nicht gleich in solch einer Organisation engagieren will, kann sich auch erstmal am Computer schlaumachen. Dafür gibt es in Deutschland die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die in jedem Bundesland entsprechende Landeszentralen hat. Zusammen mit Kindern und Jugendlichen hat das bpb Internetseiten erstellt. Für Kinder im Grundschulalter gibt es zum Beispiel die Seite www.hanisauland.de, auf der es um die verschiedensten Aspekte der Politik geht.

„Zusammen mit Jugendlichen haben wir auch den Wahlomat entwickelt“, erklärt der bpb-Pressesprecher Daniel Kraft. Was inzwischen auch Erwachsene gerne für eine Wahlentscheidung nutzen, richtete sich ursprünglich an Jungwähler. „Dafür hatten Jugendliche Parteiprogramme studiert, entsprechende Fragen formuliert und diese von den Parteien beantworten lassen“, erklärt Kraft.

So muss Politikunterricht gar nicht immer öde sein. „Viele Politiker haben durchaus Interesse, mit den Jugendlichen zu diskutieren und zu erfahren, was sie beschäftigt“, sagt Sozialpädagogin Nowak. Dazu können sich Jugendliche auch einfach an die jeweiligen Parlamente und Parteien wenden. „Wenn man denen so richtig auf den Zahn fühlt und versteht, wie es geht, macht Politik auch wirklich Spaß.“