Kinder sicheren Umgang mit Feuer üben lassen
Berlin (dpa/tmn) - „Hände weg vom Streichholz“: Mit dieser Mahnung versuchen Eltern, ihre Kinder zu schützen. Damit tun sie ihnen aber nicht unbedingt einen Gefallen. Denn nur wenn die Kleinen den Umgang mit Feuer aktiv üben, können sie verantwortungsvoll damit umgehen.
Buddeln in der Erde, Planschen im Wasser, Luftballons aufblasen: Das alles ist für Kinder kein Problem. Doch das vierte Element, Feuer, macht es ihnen und ihren Erziehern schwer. Während die Kleinen von der gelb-orange züngelnden Flamme meist fasziniert sind, graut es vielen Eltern und Pädagogen davor, ein Streichholz in Kinderhände zu geben. Doch es gibt auch Kindergärten, die ihr Personal für die Arbeit mit Feuer fortbilden und die Kleinen mit professioneller Hilfe zündeln lassen.
In der Kindertagesstätte „Die Arche“ im Berliner Stadtteil Kreuzberg beginnt die Feuerwoche mit einer großen Fragerunde. „Wer hat denn schon einmal ein Feuer gesehen?“, fragt Kain Karawahn. Der Feuerkünstler hat in zehn Jahren gut 1500 Pädagogen fortgebildet und bietet selbst Feuerprojekte an, mit Rückendeckung von Feuerwehr und Unfallkasse. „Im Fernsehen“, beantwortet ein Kind die Frage in der Kita-Runde, „da ist ein Auto explodiert.“
Solche Geschichten bekommt Kain Karawahn fast immer bei der Einstiegsrunde zu hören. „Oft kennen Kinder Feuer nur als destruktives Element, aus dem Fernsehen oder auch aus Bilderbüchern“, sagt er.
„Die Devise „Hände weg vom Feuer!“ entspringt einem Erziehungsmaßstab aus dem 19. Jahrhundert“, sagt Frieder Kircher. Er ist leitender Brandschutzdirektor bei der Berliner Feuerwehr und Experte für Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung beim deutschen Feuerwehrverband (DFV). Er führt viele Brandunfälle auf die Unkenntnis von Erwachsenen zurück, denen als Kindern der Umgang mit Feuer strikt verboten wurde. „Eine vernünftige, sachgerechte Brandschutzerziehung schützt vor Gefahren durch Feuer.“
In der Kita „Die Arche“ folgt nach der Theorie die Praxis: Die Kinder zünden zunächst Streichhölzer an und damit dann Kerzen. Am dritten Tag geht es raus, und das Feuer wird größer. Ein Merksatz für die Kinder lautet: „Ein Feuer braucht einen Freund und ein Zuhause!“ Die Freunde, also die Aufpasser des Feuers, sind die Kinder. Das Zuhause ist ein Platz, an dem es keinen Schaden anrichten kann und der hinterher genauso aussieht wie vorher. Nur wenn man weder oben, noch in Kniehöhe an etwas Brennbares stößt, ist der Platz geeignet, lernen die Kinder.
Sie wissen außerdem: Haare und Hemdsärmel vom Feuer fernhalten, den Wind bedenken und immer Wasser dabei haben. Etwas Ernstes sei bei seinen Projekten noch nicht passiert, sagt Karawahn: „Höchstens mal eine Brandblase.“
„Feuer ist für Kinder irrsinnig faszinierend“, sagt Manon Mäder, eine der Erzieherinnen in der Kita. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen hat sie eine Fortbildung zur Feuererziehung gemacht und ist daher ganz entspannt und sicher, dass ihren Schützlingen nichts passiert.
„Wenn Dir ein Feuer Angst macht, renn weg und sag einem Erwachsenen Bescheid!“ Dieser Satz muss immer gelten, meint Karawahn. „Und das Kind bekommt eine Belohnung, weil es das Feuer gemeldet hat“, empfiehlt er obendrein. Nur den Erwachsenen erklärt er, was am Verbot von Feuer so schlimm ist: „Verbotenes reizt“, sagt er. Irgendwo, ob im eigenen Haus, bei Freunden oder Nachbarn, könnten Kinder immer Streichhölzer finden, meint er. Gezündelt wird dann im Geheimen, etwa im Kinderzimmer - oft mit fatalen Folgen.
„Verbote sind sinnlos“, unterstreicht auch der Berliner Feuerwehrmann Frieder Kircher. Er empfiehlt Eltern, zusammen mit den Kindern Feuer zu machen.