Medienpädagogin: Serienheldinnen setzen Mädchen unter Druck
München (dpa) - Schön, schlau und schlagfertig: Vor allem Jugendliche stehen nach Ansicht von Experten unter dem Druck, perfekt zu sein. Befeuert wird dieser Wunsch ihrer Ansicht nach auch von falschen Vorbildern im Fernsehen.
Viele starke Serienfiguren im deutschen Kinderfernsehen setzen Mädchen einer Expertin zufolge mit ihrem Perfektionismus unter Leistungsdruck. „Die Heldin ist auch ein Fallstrick, wenn sie auf allen Gebieten stark ist“, sagt die Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI), Maya Götz. „Wenn die Mädchen versagen, haben sie das Gefühl: "Es liegt an mir, ich bin nicht gut genug, meine Identität reicht nicht".“ Bei der Jahrestagung des Instituts in München beschäftigten Experten sich mit der Frage, wie gute Fernsehgeschichten für Kinder aussehen sollten.
Kritisch sieht die Medienwissenschaftlerin Serien wie „Hannah Montana“, die bei 6 bis 12 Jahre alten Mädchen schon seit langem die Beliebtheitsskala anführt. Götz missfällt vor allem die Fähigkeit der von Miley Cyrus gespielten Starsängerin, alle Probleme zu lösen. Die Botschaft: „Es gibt einen richtigen Weg.“ Zudem sei Hannah Montana auch noch wunderschön. „Es ist nicht das, was das reale Leben ausmacht.“
Allerdings seien die Vorbilder der Erwachsenen da nicht besser: „Die ideale Frau von heute ist gut im Beruf, sie ist gute Partnerin, erotisch attraktiv, sexuell aktiv, sie ist Mutter, aber eine ganz fürsorgliche, immer parat, hat den Haushalt im Griff, ist superschlank und hat perfektes Make-up - das sind Anforderungen, denen kann eine Frau gar nicht genügen“, sagt Götz.
Anhand einer Studie fanden die Medienwissenschaftler heraus, dass 8- bis 12-jährige Mädchen für die Zukunft sehr hohe Erwartungen an sich haben. „Die Mädchen idealisieren ihren Körper und hoffen, dass sie in zwei Jahren schon weiblich und sexy aussehen, dass ihnen immer ein guter Spruch einfällt und dass alle sie mögen“, sagt Götz. Dies sei aber nur eine Illusion, ein Ideal.
„Spätestens wenn sie 13 oder 14 sind, merken sie: Ich sehe weder so aus wie Miley Cyrus, noch haben meine Eltern so viel Geld, noch habe ich so eine gute Stimme.“ Mit dieser Erkenntnis werden die Jugendlichen dann aber zum Bedauern der Expertin alleingelassen, zumindest in den Serien. „Dann fehlt ihnen die Möglichkeit, zu sagen: "Das macht nichts, ich bin gut so, wie ich bin".“
Der Medienpädagogin schwebt ein anderes Filmvorbild vor: „Sie ist nicht die Superheldin, sie hat Probleme, manchmal löst sie diese, manchmal auch nicht“, erläutert Götz. Serienheldinnen sollten lieber realistisch an Schwierigkeiten herangehen: „Vielleicht stimmt das System nicht. Vielleicht schaffe ich das im Moment nicht und das ist auch in Ordnung.“