Politik im Netz: Hier können Jugendliche mitmischen
Bonn (dpa/tmn) - Jugendliche habe keine politische Meinung? Falsch. Oft wissen sie nur nicht, wo sie sie äußern können. In Sozialen Netzwerken, Vereinen oder Chats haben junge Leute aber genug Möglichkeiten dazu.
Kurz vor der Bundestagswahl am 22. September werden die Vorwürfe wieder laut: Jugendliche seien politisch nicht interessiert. Dem widerspricht Luisa Maria Schweizer: „Den Vorwurf, dass die Jugend desinteressiert ist, kann ich nicht bestätigen“, sagt die Sprecherin der Politikplattform „Du hast die Macht“. Die Seite richtet sich explizit an junge Leute. Auch Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), hat andere Erfahrungen gemacht: „Politik lässt sich generell schwieriger an junge Leute vermitteln.“ Dennoch hätten sie oft ein höheres Interesse an politischen Themen, als manche vermuten.
Um sich als Jugendlicher über Politik zu informieren und auszutauschen, gibt es viele Möglichkeiten. In Schulen veranschaulichen beispielsweise Wahlsimulationen das komplexe Wahlsystem, nach der Auslosung gibt es für die Schüler eine richtige Wahlparty. Zur Orientierung dient der Wahl-O-Mat. Anhand von 38 Thesen können Jugendliche der Frage „Welcher Partei stehe ich nahe?“ nachgehen. 2009 wurde der Wahl-O-Mat von 6,7 Millionen Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt. Die Website geht dieses Jahr am 29. August wieder online.
Auch auf Facebook, Youtube und in Blogs können Jugendliche aktiv werden. In Chats treffen sie auf Politiker oder andere Jugendliche. Im Videoformat können sie ihre Meinung frei herausrappen. Dabei sollen die Jugendlichen vor allem angeregt werden, sich selber eine Meinung zu bilden und sie auf verschiedene Weise auszudrücken, erklärt Schweizer. Auch viele Schauspieler und Stars repräsentieren sich und ihre Meinung auf Politikplattformen. Laut Krüger sprechen Prominente besonders die Jugendlichen glaubwürdig an, die Politik als Enttäuschung ansehen.
Es reicht aber nicht, einfach die Wahlthemen vorzustellen oder die Jugendlichen in Chats mit Politikern zusammenzubringen. Die Studie „Sprichst du Politik?“ der Friedrich-Ebert-Stiftung fand 2011 heraus, dass Jugendliche die Sprache von Politikern zu umständlich finden und auch Medien die Politikersprache nicht ausreichend erklären. „Der Politikersprech wird von Jugendlichen oft nicht verstanden“, sagt Schweizer. Daher müsse man ihn erst einmal übersetzen.
Warum das alles so wichtig ist? „Die Jugendlichen sollen begreifen, dass es bei Wahlen um ihre eigenen Interessen geht“, erklärt Krüger. Gerade in einer alternden Gesellschaft sei das wichtig: Die älteren Menschen sind in der Überzahl, mehr von ihnen als von jüngeren Menschen gehen wählen. Das Resultat: Die älteren können ihre Interessen stärker vertreten. Mischen sich Jugendliche aber ein, können sie etwas bewegen. Krüger nennt als Beispiel Freiheit im Internet: Was zunächst nur von Experten diskutiert wurde, hielt Einzug in die Sozialen Netzwerke. Jeder hat mittlerweile eine Meinung zu Datenschutz und Urheberrecht - und schon landen die Themen auf der politischen Agenda. „Politik bewegt sich, wenn auch sehr langsam.“ Jugendliche müssten geduldig und unnachgiebig mit ihr sein, so Krüger.
Oft wissen Jugendliche gar nicht, wie wichtig Politik im Alltag ist. „Eigentlich ist alles politisch“, betont Schweizer. Die Wahl ist nur eine Möglichkeit für Jugendliche, Politik mitzugestalten. Vereine sind „Probestuben für Demokratie“, wie Krüger sie nennt, in denen Jugendliche sich ehrenamtlich engagieren können. Auch Bürgerforen oder junge Parteigruppierungen stehen für Jugendliche offen.