Spaß statt Frust: Paarzeit sinnvoll nutzen
Düsseldorf (dpa/tmn) - Paare finden im Alltag oft wenig Zeit füreinander. Damit steigen die Erwartungen an die gemeinsame Freizeit. Um Enttäuschungen vorzubeugen, sollten Paare sich klar machen, was beide zusammen unternehmen wollen - und was lieber ohne den anderen.
Die gemeinsame Zeit mit dem Partner wird oft heiß herbeigesehnt, tolle Pläne sind geschmiedet, alles soll so schön werden. Und dann: die Ernüchterung. Der Tag im Schwimmbad ist verregnet, der Freund hat gar keine Lust auf eine Radtour, oder man geht sich im Urlaub plötzlich auf die Nerven. Wenn im Alltag wenig Zeit für die Paarbeziehung bleibt, dann konzentrieren sich die Erwartungen oft auf die Freizeit.
Das gilt auch im größeren Maßstab - also wenn Eheleute nach einem stressigen Berufsleben in Rente gehen und die Kinder aus dem Haus sind. Dann ist endlich das da, was man sich gewünscht hat: mehr Zeit für den Partner. Allerdings können zu hohe Erwartungen oder die ungewohnte Nähe schnell zum Problem werden.
„Man erhofft sich so viel von der freien Zeit“, sagt Lisa Schuster*. Sie ist seit fünf Jahren mit ihrem Freund zusammen, das Paar hat eine gemeinsame Wohnung. „Wir sehen uns im Alltag oft nur abends“, erzählt die 28-Jährige. Für die gemeinsame Freizeit plane sie dann die schönsten Dinge. „Wenn das dann nicht klappt, ist die Frustration groß.“ Auf die Enttäuschung folge schlechte Laune - und auch mal ein Streit. „Im Urlaub kommen Themen hoch, die sonst eher im Alltag untergehen, das kann Nerviges, aber auch Schönes sein.“
Sind Paare über viele Jahre so stark in Beruf, Termine und Kindererziehung eingebunden, dass die Beziehung zu kurz kommt, dann ziehen sich die Partner häufig voneinander zurück. Diese Erfahrung hat Paartherapeutin Dana Prentki in ihrer Praxis in Düsseldorf gemacht. Dieses Modell kann lange Zeit ganz gut laufen - etwa, weil sich beide zusammen um die Kinder kümmern und ansonsten ihr eigenes Leben führen. Ist jedoch aus verschiedenen Gründen plötzlich mehr Zeit da für den anderen - dann können Probleme hochkommen, die vorher unter den Teppich gekehrt wurden, erklärt Prentki.
„Wir haben uns entfremdet“, „wir haben uns wenig zu sagen“ - diese Gefühle werden nach den Erfahrungen der Psychologin oft zuerst von Frauen wahrgenommen. „Sie sind meist frustriert und äußern diese Gefühle dann auch gegenüber dem Partner - meist in Form von Vorwürfen“, erzählt Prentki. Reagiert der Mann verständnislos, dann drohen ernste Beziehungsprobleme.
„Ich bemühe mich dann, dass die Partner wieder besser miteinander ins Gespräch kommen“, sagt die Psychologin. Was haben wir früher gerne miteinander unternommen? Wozu hatten wir schon lange keine Zeit mehr? Welches neue Hobby könnte uns beiden Spaß machen? Für Paare, die sich schwer tun, über Beziehungsanliegen zu sprechen, gebe es eine Art Kartenspiel mit vorformulierten Fragen. Das kann laut Prentki eine interessante Anregung für solche Gespräche sein.
Bei den Freizeitaktivitäten sollte nicht einer unbedingt etwas mitmachen, nur um dem Partner einen Gefallen zu tun - etwa schwimmen gehen, obwohl man nicht gerne im Wasser ist. „Aber ein bisschen Kompromissbereitschaft muss schon dabei sein“, rät Prentki. Mal kommt der eine dem anderen entgegen, mal umgekehrt. Neben den Gemeinsamkeiten seien auch eigene, autonome Bereiche wichtig. „Zu viel Zeit miteinander - das ist auch nicht so gut“, weiß die Psychologin.
In die Praxis von Kornelia Schöning im bayerischen Kirchseeon kommen viele Paare im Ruhestand, die ein „Zeitproblem“ haben. „Häufig haben die Frauen wenig Verständnis dafür, dass der Mann plötzlich im Haushalt mitbestimmen will“, erzählt die Psychologin. Viele klagen auch, dass sie keine Zeit mehr für sich allein haben, keine Intimsphäre, da der Partner nun ständig zu Hause ist. Tagesabläufe, die sich über lange Jahre eingespielt hatten, verändern sich plötzlich. Auch Schöning rät zum Gespräch: „Es ist ganz wichtig zu sagen, was will ich, was brauche ich.“
Dabei gehe es um ein „lebendig gelebtes Ich, Du und Wir“. Das bedeutet, jeder pflegt seine eigenen Hobbys, seinen Freundeskreis - und akzeptiert diese Eigenständigkeit auch beim Partner. Dazu kommen dann gemeinsame Unternehmungen. „Ich rate meinen Paaren 'Machen Sie sich drei Termine, was will der eine, was der andere, was wollen beide'.“
Im Ruhestand kommen nach den Worten von Schöning häufig nicht ausgesprochene Konflikte an die Oberfläche. „Das merkt man auch im Urlaub, aber dann ist es ja nur temporär.“ Die Expertin rät, dass Paare schon mehrere Jahre vor dem Ende des Berufslebens und bevor die Kinder ausziehen planen sollten, was sie mit der neu gewonnenen Zeit anfangen wollen. Auch im Ruhestand selbst sollten „Paarzeiten“ fest eingeplant werden. „Und dann geht es einfach nur darum, was Schönes zu machen. Keine Problemgespräche, sondern Spaß.“
*(Name geändert)