Überraschung oder Übergriff: Partner keine Kleidung aufdrängen
Berlin (dpa/tmn) - Kleidung kommt als Geschenk nicht immer gut an. Wer seinem Partner mit einem Kleidungsstück eine Freude machen will, sollte dessen Geschmack genau kennen. Auch eine Stilberatung kann helfen.
Einen kuschelig weichen Pullover für die Liebste, ein cooles Jackett für den Schatz - dem Partner Klamotten zu schenken, ist ein riskantes Unterfangen. Schnell fühlt sich der Beschenkte bevormundet und der Schenkende in seiner guten Absicht missverstanden. Seinem Partner ungebeten Kleidung zu schenken, halte sie für sehr schwierig, sagt die Berliner Stil- und Farbberaterin Marion Zens.
Wer dennoch etwas zum Anziehen verschenken will, sollte im Vorfeld möglichst viele Informationen darüber sammeln, was dem anderen gefällt: Welche Farben mag der Partner, welche Schnittführung, welche Materialien? Nur wenn man sich ganz sicher sei, das Richtige gefunden zu haben, sollte man den Kauf wagen, rät Zens.
Isolde Jüllig hat den Dreh raus. Sie liegt mit den Kleidergeschenken für ihren Mann meistens richtig. Die Verwaltungswirtin und Hausfrau aus Rottweil kauft ihm regelmäßig Kleidung. „Ich mache das gern, weil es mir gefällt, wenn er schön angezogen ist“, sagt die 48-Jährige. Ihr Mann verlasse sich auf ihren Geschmack, aber sie wisse auch, was ihm gefalle und berücksichtige seine Vorlieben und Abneigungen. Seinen Stil wolle sie nicht verändern.
Ob Kleidergeschenke ankommen, hänge von der Art der Beziehung ab, sagt Diplom-Psychologe Rüdiger Wacker. Wenn das Thema Kleidung unverfänglich sei und man sich öfter entspannt darüber ausgetauscht habe, sei es wohl unproblematisch, den anderen mit einer Hose oder Jacke zu überraschen. Wichtig sei, dass der Schenkende sich zunächst über seine Motive klarwerde, sagt der Paartherapeut. Geht es einem wirklich nur darum, dem anderen eine Freude zu machen? Oder will man ihn beeinflussen, ihm gar den eigenen Stil überstülpen?
Wenn der Wunsch besteht, am Kleidungsstil des anderen etwas zu ändern, sei es sinnvoll, zuerst darüber zu reden und den Partner nicht mit einem Geschenk zu überrumpeln, rät Wacker. Kritik und Vorwürfe nach dem Motto „Es ist unmöglich, wie du rumläufst“ sind dabei nicht hilfreich. Besser sei es, eigene Wünsche zu formulieren: „Ich würde mich freuen, wenn du mal etwas Farbiges trägst.“
Isolde Jülligs Mann fühlt sich nicht bevormundet. Er überlasse ihr das Einkaufen gern, wohl auch aus Bequemlichkeit, sagt sie. Zu Beginn der Beziehung habe sie keine Kleidung verschenkt, das habe sich erst im Laufe der Jahre entwickelt. Heute trifft sie den Geschmack und auch die Größe ihres Mannes so genau, dass sie nur ganz selten etwas umtauschen muss.
Wer unsicher ist, kann sich Hilfe holen. Eine Stilberatung sei auch für eine nicht anwesende Person möglich, sagt Zens. Mit einem Foto und einigen Anhaltspunkten zu Statur und modischem Geschmack könne eine erfahrene Beraterin Tipps für den Kauf des richtigen Geschenks geben.
Auch wenn der Partner schon selbst einmal eine Stilberatung in Anspruch genommen hat und man aus Erzählungen weiß, ob er zum Beispiel ein Sommer- oder Wintertyp ist, sei das hilfreich. Eine gute Verkäuferin könne dann zumindest sagen, welche Farben infrage kommen.
Doch was tun, wenn trotz bester Absicht dem Beschenkten der teure Pullover oder das schicke Hemd nicht gefällt? „Man sollte sich nicht verpflichtet fühlen, das geschenkte Stück zu tragen, um Streit zu vermeiden oder dem anderen die Enttäuschung zu ersparen“, sagt Wacker. Sich kleidungsmäßig für den anderen zu verbiegen, habe keinen Sinn.
Besser sei es, dem Schenkenden deutlich zu sagen „Es ist nett, dass du an mich gedacht hast, aber dieses Teil ist nicht mein Stil“. Gleichzeitig kann man einen Kompromiss anbieten: So könnten Paare zum Beispiel gemeinsam im Internet stöbern oder zusammen shoppen gehen, um etwas zu finden, was beiden gefällt.
Wenn beide damit einverstanden sind, ist auch ein Deal möglich: „Wenn ich dieses farbige Hemd anziehe, obwohl es mir nicht so gut gefällt, wünsche ich mir dafür, dass du einmal den Minirock trägst.“
Jüllig schlägt vor, in Geschäften darum zu bitten, eine kleine Auswahl mit nach Hause nehmen zu dürfen. So wird der Partner nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, sondern behält ein Mitspracherecht. Am Ende bekommt er das geschenkt, was ihm am besten gefällt.