Was das neue Familienpflegegesetz bringt
Berlin (dpa) - Viele Menschen wollen pflegebedürftige Angehörige nicht ins Heim bringen, sondern zu Hause betreuen. Für sie hat der Bundestag am Donnerstag (20. Oktober) das Gesetz für eine Pflegezeit beschlossen.
Die wichtigsten Fragen zur Neuregelung:
Was sieht das neue Gesetz vor?
Arbeitnehmer, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, können künftig ihre Arbeitszeit maximal zwei Jahre auf bis zu 15 Stunden in der Woche reduzieren. Wird die Wochenarbeitszeit zum Beispiel auf diese Weise von 100 auf 50 Prozent verringert, gibt es für die Dauer der Pflegezeit 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Das ist praktisch ein Vorschuss, der später wieder abgearbeitet werden muss. Die Neuregelung soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten.
Wie war die häusliche Pflege bisher geregelt?
Wer Mutter oder Vater zu Hause pflegen will, kann sich als Arbeitnehmer schon jetzt bis zu einem halben Jahr aus dem Job ausklinken. In dieser Auszeit gibt es allerdings weder Lohn noch Gehalt. Diese Regelung besteht weiter. Tritt überraschend ein Pflegefall in der Familie ein, gibt es einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung an zehn Tagen. Das soll helfen, eine bedarfsgerechte Pflege für Angehörige zu organisieren. Das Angebot wird aber bislang eher zurückhaltend genutzt.
Gibt es einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit?
Nein, den gibt es nicht. Wer die Regelungen in Anspruch nehmen will, muss dazu eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen. Der kann das aus wichtigem betrieblichen Grund auch ablehnen. Das Prozedere ähnelt dem Modell der Altersteilzeit.
Wie wird die Pflegezeit bezahlt?
Der Gehaltsvorschuss, den Mitarbeiter während der Pflegezeit erhalten, wird von der Staatsbank KfW - der früheren Kreditanstalt für Wiederaufbau - bezahlt. Er muss nach Ende der Pflegezeit und Wiederaufstockung der Arbeitszeit wieder an die KfW abgestottert werden, und zwar so lange, bis der Saldo wieder ausgeglichen ist. Damit dies funktioniert, erhält der Arbeitnehmer weiterhin nur 75 Prozent Gehalt, auch wenn er seine Arbeitszeit auf 100 Prozent wieder aufgestockt hat. Um das Ausfallrisiko - etwa wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit des Beschäftigten - zu minimieren, muss jeder, der Familienpflegezeit in Anspruch nimmt, eine Versicherung abschließen. Die Prämien sind nach Angaben des Familienministeriums aber gering.
Gibt es Kritik an dem Gesetz?
Ja. Viele Unternehmen äußern Bedenken, weil sie mit höheren Personalkosten rechnen. Sie gehen davon aus, dass mehr Mitarbeiter zur Abdeckung der Ausfallzeiten nötig sind. Auch befürchten sie, dass etliche Beschäftigte nach Ablauf der Pflegephase nicht wieder in den Beruf zurückkehren. Aus Sicht von SPD und Gewerkschaften ist es unsozial, dass die Kosten von den Beschäftigten alleine zu tragen sind. Einen bis zu vierjährigen Gehaltsverzicht von 25 Prozent könnten sich ohnehin nur gut verdienende Arbeitnehmer leisten.
Wie viele Pflegebedürftige gibt es?
Derzeit erhalten 2,4 Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung. Davon werden knapp 1,7 Millionen zu Hause von Angehörigen oder ambulanten Diensten betreut.