Abfallbetriebe gründen Tauschbörsen im Web
Marl/Oldenburg (dpa) - Ungeliebte Weihnachtsgeschenke abzugeben? Eine alte Schrankwand und ein paar Klappstühle übrig? Im Internet kein Problem. Tausch- und Verschenkbörsen boomen, und die Abfallbetriebe freuen sich.
Puzzle gegen Hundefutter, Kerzenständer gegen Nudeln, Gänsebräter gegen Schokokekse: Im Kreis Recklinghausen beispielsweise wird eifrig getauscht. „Früher haben die Leute immer angerufen und uns gebeten, dass wir den Sperrmüll holen kommen. Aber da waren oft noch so viele tolle Sachen bei“, sagt Peter Hofmann, Sprecher des Zentralen Betriebshofes in Marl.
Vor drei Jahren hat der Kreis deswegen eine virtuelle Tausch- und Verschenkbörse eingerichtet, die wegen der großen Nachfrage gerade ausgeweitet wurde. Bundesweit haben die Abfallbetriebe in mehr als 80 Städten, Kommunen und Gemeinden - von Freiburg über Saarbrücken und Leipzig bis Kiel - in den vergangenen Jahren Online-Börsen ins Internet gestellt. Rund die Hälfte der virtuell angebotenen Dinge wechseln auch tatsächlich ihre Besitzer, sagt der Erfinder der Internet-Verschenkmärkte für Abfallbetriebe, Bernd Maibaum.
„Gängige Sachen gehen immer - so wie Elektrogeräte oder Klamotten“, sagt der Marler Betriebshof-Sprecher Hofmann. „Aber auch meine alten Winterreifen bin ich losgeworden gegen einen Kasten Bier.“ Viele Menschen verlangen nur die Abholung ihrer nicht mehr gebrauchten Stücke - andere haben sehr genaue Vorstellungen vom Tauschpreis. Ein Bücherregal hat beispielsweise ein Mann aus Recklinghausen im Angebot. „Tausche gegen 1 Kiste Sprite und ein 6er Pack Wasser.“ Eine Frau aus Marl bietet einen kleinen Bären aus Plastik. „Ihr könnt diesen Bär haben, indem ihr 2 Dosen Seifenblasen mitbringt.“
„Es geht vor allem um den sozialen Gedanken“, sagt Hofmann. Wer wenig Geld hat, soll durch die Online-Börsen einfacher beispielsweise an einen kostenlosen Schrank kommen. Aber auch der Umweltschutz spielt eine Rolle. Rund sieben Millionen Tonnen Möbel werden in Deutschland nach Informationen des Instituts für Umweltforschung der Technischen Universität Dortmund jedes Jahr weggeschmissen - diesen Abfallberg sollen die Online-Börsen zumindest ein klein wenig reduzieren. Und nicht zuletzt sparen die Abfallbetriebe Zeit und Geld: „Wenn das zwischen den Leuten hin- und hergehandelt wird, müssen wir das nicht abfahren“, sagt Hofmann.
Betrieben werden die meisten Internet-Verschenkmärkte der Abfallbetriebe von einer Firma im niedersächsischen Oldenburg. „Ich war 20 Jahre lang in der Abfallberatung tätig und hatte immer Magenschmerzen, wenn ich den Leuten sagen musste, dass sie ihr noch gutes aber nicht mehr gebrauchtes altes Stück auf den Sperrmüll geben müssen“, sagt Inhaber Bernd Maibaum.
Vor zehn Jahren kam ihm dann die inzwischen sogar vom Bundespräsidenten ausgezeichnete Idee der Internet-Verschenkmärkte. Seitdem können Städte, Kommunen und Gemeinden bei Maibaum buchen: Er richtet - gegen einen je nach Größe der Stadt oder Gemeinde unterschiedlichen Preis - die Online-Börsen ein und pflegt sie. „Alle Inserate werden vorher angeschaut, damit kein Blödsinn reinkommt. Einmal wollte zum Beispiel jemand seine Schwiegermutter loswerden - aber das war sicherlich nicht ernst gemeint, das haben wir dann nicht reingestellt.“