BGH: Klauseln in alten Versicherungen unwirksam
Karlsruhe (dpa) - Versicherungen können sich nicht auf Klauseln in alten Verträgen berufen, die entgegen der neuen Rechtslage Verbraucher benachteiligen. Das hat der Bundesgerichtshof am Mittwoch (12.
Oktober) entschieden.
Die Versicherung kann sich nicht mehr darauf berufen, dass der Kunde seine Vertragspflichten verletzt habe. Einige Versicherer hatten ihre Verträge nicht an das 2008 reformierte, kundenfreundlichere Recht angepasst. Verbraucherschützer hatten dies kritisiert (Aktenzeichen: IV ZR 199/10).
Im konkreten Fall geht es um Leistungen aus einer Gebäudeversicherung. Der Eigentümer hatte die Wasserrohre einer leerstehenden Wohnung nicht entleert. Deshalb kam es im Winter zu einem Wasserschaden. Die Versicherung berief sich auf die Verletzung der im Vertrag festgelegten Pflicht, die Rohre zu leeren. Deshalb wollte sie nur die Hälfte des Schadens ersetzen.
Dem widersprach nun der BGH: Die Klausel sei komplett unwirksam. Denn sie sieht vor, dass die Versicherung bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung gar nicht zahlen muss. Nach neuem Recht jedoch muss die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit zwar weniger zahlen, wird aber nicht völlig befreit. Die Versicherungen hatten ein Jahr lang Zeit, ihre Verträge anzupassen. Wenn sie das nicht getan haben, werde die ganze Bestimmung unwirksam - mit der Folge, dass die Versicherung grundsätzlich den ganzen Schaden ersetzen muss. Möglich ist nach dem Urteil allerdings eine Reduzierung aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften - etwa, wenn der Kunde nicht nur Pflichten verletzt hat, sondern auch den konkreten Schaden grob fahrlässig verursacht hat.
Mehr Rechte und mehr Informationen für Versicherte: Das ist der Kern des neuen Versicherungsvertragsrechts, das seit Anfang 2008 in Kraft ist. „Jeder Kunde muss von seiner Versicherung über diese Änderungen informiert worden sein“, erklärt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Sei dies nicht geschehen, könnten Kunden nun möglicherweise Nachforderungen für seitdem entstandene Schäden stellen. Das gilt etwa für Fälle, in denen Betroffene einen Schaden nicht gemeldet haben, weil sie dachten, dass keine Aussicht auf eine Übernahme der Kosten durch die Versicherung besteht.
Besonders Verbraucher, die eine Hausrat-, Gebäude-, Kfz-Kasko- oder eine Reisegepäckversicherung haben, sollten daher nachschauen, ob sie die neuen Bedingungen auch wirklich erhalten haben, erklärt BdV-Experte Rudnik. Der Grund: Hier sei das sogenannte Alles-oder-Nichts-Prinzip weggefallen. „Das heißt, dass der Versicherer auch zahlen muss, wenn die Kunden grob fahrlässig gehandelt haben.“ Die Versicherer dürften allerdings je nach der Schwere des Verschuldens Abzüge machen.
Haben Versicherte seit 2008 einen Schaden nicht gemeldet, weil sie aufgrund eigenen Verschuldens davon ausgingen, kein Geld zu bekommen, sollten sie sich jetzt nachträglich an ihren Versicherer wenden, rät Rudnik. Denn möglicherweise müsse dieser dennoch teilweise für den entstandenen Schaden aufkommen.