Experten: Nur wenige Banken verbilligen Dispokredite

Frankfurt/Main (dpa) - Die Zinsen im Euroraum sind auf Rekordtief, doch viele Bankkunden profitieren Experten zufolge derzeit nicht davon. Verbraucherschützer kritisieren immer wieder: Banken und Sparkassen geben Zinssenkungen nur zögerlich an Kreditnehmer weiter.

Die meisten Bankkunden profitieren einer Untersuchung zufolge bei Dispokrediten bisher nicht vom extrem billigen Geld im Euroraum. Nach Beobachtungen der FMH Finanzberatung haben acht von rund 60 Geldhäusern die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) an ihre Kunden weitergegeben. Darunter sind vor allem Institute, die diese Zinsen an den EZB-Leitzins koppeln. Zuvor hatte bereits die „Bild“-Zeitung berichtet, nur wenige Banken hätten die Dispokredite verbilligt.

Die FMH Finanzberatung beobachtet regelmäßig rund 60 Kreditinstitute. Elf Geldhäuser orientieren sich bei der Festlegung des Dispozinses den Angaben zufolge am EZB-Leitzins. Die Mehrheit der anderen Institute legt den Zinssatz Euribor zugrunde, den europäische Banken untereinander beim Handel von Einlagen verlangen. Nach Angaben der Deutschen Kreditwirtschaft spielen bei der Kostenberechnung von Dispokrediten mehrere Faktoren eine Rolle. Aufwand und Ausfallrisiko seien vergleichsweise hoch, deshalb seien die Zinsen auch höher als bei Ratenkrediten.

Nach Berechnungen von Max Herbst von der FMH Finanzberatung liegt der durchschnittliche Dispozins derzeit bei 10,48 Prozent. Der Leitzins im Euroraum beträgt nach der jüngsten Senkung Anfang Mai 0,5 Prozent. Damit kommen die Geschäftsbanken so günstig an Zentralbankgeld wie nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung im Jahr 1999.

Wie stark Bankkunden von der lockeren Geldpolitik der EZB profitieren, hänge letztlich von jedem einzelnen Institut ab, sagte Herbst. Ein Großteil der Kreditinstitute werde noch nachziehen. „Eine Bank, deren Dispozinsen bereits vergleichsweise niedrig sind, dürfte vermutlich aber weniger Spielraum haben“.

Verbraucherschützer kritisieren immer wieder, dass Banken eine Senkung der Leitzinsen zögerlich an die Kunden weitergeben, bei einer Erhöhung dagegen schneller reagierten. Das Thema spielt auch im Bundestagswahlkampf eine Rolle.

Wenig Freude bereitet Sparern die Geldschwemme der EZB. „Die Zinsen für Sparguthaben sind schon sehr niedrig und bröckeln weiter“, sagte Herbst. Vor der jüngsten EZB-Sitzung hatten die Verbände von Volksbanken, Sparkassen und Versicherungswirtschaft in Deutschland davor gewarnt, die Zinsen noch weiter zu senken: „Jeder Zinsschritt nach unten lässt die Sparguthaben schmelzen.“