InternetAuktion: Nur ein Klick bis zur Anklagebank
Ein zunächst als Hehler verurteilter Käufer wurde zwar in zweiter Instanz freigesprochen. Das Gericht warnt aber vor zu viel Gutgläubigkeit.
<strong>Karlsruhe. Wenn Geiz wirklich geil ist, dann darf doch Sparsamkeit nicht strafbar sein. Zu eben dieser Folgerung konnte allerdings der Käufer kommen, der im Internet ein Navigationsgerät zu einem sehr günstigen Preis ersteigert hatte, dann aber dafür vom Amtsgericht Pforzheim wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen (1200 Euro) verurteilt worden war. Denn das Gerät, so hatte sich herausgestellt, stammte aus einem Diebstahl. Das Landgericht Karlsruhe hob das Urteil am Freitag zwar auf und sprach den Käufer frei. Doch bedeutet dieses Urteil keineswegs, dass das Strafgesetzbuch bei Internet-Käufen nun ganz außen vor ist.
Der Fall
Der Angeklagte und nunmehr Freigesprochene hatte über das Internetauktionshaus Ebay ein Navigationsgerät ersteigert. Für nur 670 Euro statt der im Handel verlangten 2000 Euro. Das Navi war zwar vom Internetverkäufer als "toplegales Gerät" bezeichnet worden, war in Wahrheit aber Diebesgut. Die Polizei war den Tätern, die neue Autos auf Güterzügen in Polen und der Slowakei geknackt und zahlreiche Navis entwendet hatten, auf die Schliche gekommen. Über den in Polen ansässigen Ebay-Verkäufer kam man dann auch dessen Abnehmer in Deutschland auf die Spur.Bewertung des Amtsgerichts
Objektiv war es Hehlerei, denn der Käufer hatte das Gerät ja von einem Dieb erworben. Aber konnte er das auch wissen? Hatte er einen Hehlerei-Vorsatz?Das Amtsgericht, das den Käufer noch verurteilt hatte, bejahte dies mit folgender Argumentation: Der Käufer hätte schon angesichts der Tatsache, dass das als "nagelneu" angepriesene Gerät weniger als ein Drittel des Ladenpreises kostete, misstrauisch werden müssen. Umso mehr, als das Mindestgebot bei der Versteigerung bei nur einem Euro gelegen habe. Auch die Bezeichnung "toplegales Gerät" hätte den Käufer stutzig machen müssen. Und schließlich sei für ihn ersichtlich gewesen, dass "das Gerät von Polen aus verkauft wurde, was eine Rechtsverfolgung zumindest erschwerte".Die Gegenargumente
Um mit dem letzten Argument anzufangen. Dieses klingt politisch inkorrekt, ist aber in Wahrheit nicht so gemeint. Gemeint ist damit vom Amtsgericht nur die Tatsache, dass im Ausland sitzenden Anbietern nicht so leicht auf die Schliche zu kommen ist. Das ist kein speziell gegen Polen gerichtetes Vorurteil, sondern ließe sich ebenso gut gegen in anderen Ländern sitzende Verkäufer richten. Allerdings ist es fragwürdig, nur aufgrund des Verkäuferwohnsitzes auf Illegalität zu schließen. Dass das Navi weniger als ein Drittel des Ladenpreises kostete, muss auch nicht auf Illegalität hinweisen. Es gibt B-Ware, die über das Internet abgesetzt wird. Und es gibt Menschen, die etwa mit einem Geschenk nichts anzufangen wissen und es unter Preis weiter verkaufen. Schließlich ist es doch gerade typisch für Internetversteigerungen, dass man dort Schnäppchen machen kann. Ohne diese hätten Auktionsplattformen gar keine Existenzberechtigung.Und das Argument, dass das Mindestgebot bei einem Euro lag? Auch diese Tatsache muss nicht misstrauisch machen. Selbst die Versteigerung wertvoller Gegenstände - das ist gängige Praxis - startet oft mit diesem Preis, um möglichst viele Bieter anzulocken.
Auch der Vorwurf des Amtsgerichts, aus der Anpreisung als "toplegales Gerät" auf das genaue Gegenteil zu schließen, erscheint abenteuerlich.
Diesen Argumenten, die auch die Betreiber von Internetauktionshäusern gegen das erstinstanzliche Urteil vorbrachten, weil sie schon ihr Geschäft wegbrechen sahen, folgte nun auch das Landgericht Karlsruhe. Das Gericht hielt es für plausibel, dass der Angeklagte glaubte, aus dem Normalverkauf ausgesonderte "B-Ware" zu erwerben.
Dennoch warnte Richter Andreas Heidrich vor zu großer Blauäugigkeit: "Auch die Online-Versteigerung spielt sich nicht im rechtsfreien Raum ab." Für den Vorwurf vorsätzlicher Hehlerei reiche es aus, dass der Käufer mit dem Erwerb von Diebesgut rechne und dies stillschweigend in Kauf nehme.
Vor allem im Fall der sogenannten Sofortkauf-Option mit einem sensationellen Preis müsse ein möglicher Käufer skeptisch werden. Da müsse man sich beim Verkäufer nach den Gründen erkundigen, mahnte Heidrich: "Wenn da keine plausible Antwort kommt, sollte man die Finger davon lassen."
Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist lebensnah. Aber ein Landgericht ist keine höchste Instanz, seine Auslegung ist nicht bindend für andere Gerichte. Andere Richter können anders entscheiden - und das zu Recht, wenn Käufer allzu blauäugig ihre Internetgeschäfte abschließen.
Informationen und Tipps zur Sicherheit bei Internetkäufen unter
Hehlerei In § 259 Strafgesetzbuch heißt es: "Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
Problem für Richter Dem der Hehlerei Verdächtigten muss Vorsatz nachgewiesen werden. Er muss zumindest "billigend in Kauf genommen haben", dass es sich bei der von ihm erstandenen Ware um Diebesgut gehandelt hat. Weil das die meisten Angeklagten abstreiten, bleibt Staatsanwälten und Richtern nur, aus den äußeren Umständen zu schließen, ob ein Vorsatz vorliegt.