Kursverluste nagen am Geldvermögen
Frankfurt/Main (dpa) - Eigentlich werden die Menschen in Deutschland immer reicher: Ihr Geldvermögen wächst seit Jahren. Doch die Euro-Schuldenkrise hat den Trend vorerst gestoppt.
Der Börsencrash im Sommer 2011 hat kräftig am Geldvermögen der Deutschen genagt: Erstmals seit mehr als zwei Jahren verloren die Privathaushalte im dritten Quartal wieder Geld, wie die Deutsche Bundesbank am Dienstag (7. Februar) in Frankfurt mitteilte. Der Rückgang sei allein auf die Kursverluste an den Kapitalmärkten zurückzuführen, erklärte die Notenbank. Die Märkte waren infolge der sich zuspitzenden Euro-Staatsschuldenkrise in heftige Turbulenzen geraten.
Nach den Angaben sank das Privatvermögen aus Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen oder Sparbriefen zwischen Juli und September gegenüber dem Vorquartal um 63 Milliarden Euro (1,3 Prozent) auf 4 663 Milliarden Euro. Zuvor war das private Geldvermögen Ende Juni auf ein Allzeithoch geklettert. Sachwerte wie Immobilien sind in der Statistik nicht enthalten.
Im Vergleich zum dritten Quartal 2010 sind die Menschen in Deutschland zusammengenommen nicht reicher geworden: Zwar reichte es zu einem nominalen Plus von 2,1 Prozent. Real blieb von dem Anstieg jedoch nichts übrig: Im September 2011 hatte die Inflation mit 2,6 Prozent ein Drei-Jahres-Hoch erreicht.
Ohne den negativen Effekt an den Kapitalmärkten stieg das Geldvermögen der Privathaushalte im dritten Vierteljahr 2011 zwar um gut 31 Milliarden Euro. Doch auch dieser Zuwachs fiel nach den Angaben deutlich geringer als in den Quartalen zuvor.
So zogen die Anleger rund vier Milliarden Euro aus festverzinslichen Wertpapieren einschließlich Geldmarktpapieren ab - unter anderem wegen der andauernden Unsicherheit auf den Anleihemärkten. Starke Abflüsse verzeichneten nach den Angaben auch Investmentzertifikate, die per saldo um knapp 7 Milliarden Euro zurückgeführt wurden: „Ausschlaggebend hierfür waren die Aktienkursrückgänge im dritten Quartal 2011, die für einen regen Verkauf insbesondere von Publikumsfonds sorgten“, berichtete die Bundesbank.
Stattdessen flohen die privaten Investoren in sichere Anlagen: Vor allem Bankeinlagen einschließlich Bargeldhaltung legten um netto rund 18 Milliarden Euro spürbar zu. „Dabei nahmen private Haushalte eine negative reale Verzinsung in Kauf und bevorzugten kurzfristige Einlagen“, erläuterte die Bundesbank.
Besonders begehrt waren dabei Sichteinlagen einschließlich Bargeld, denen netto gut 11 Milliarden Euro zuflossen. Termingelder stiegen per saldo um knapp 7 Milliarden Euro. Die Ansprüche gegenüber Versicherungen nahmen erneut um 12,4 Milliarden Euro zu.
Gleichzeitig häuften die privaten Haushalte wieder mehr Schulden an. Per saldo wurden Kredite in Höhe von knapp 7 Milliarden Euro aufgenommen. Damit beliefen sich die Verbindlichkeiten am Quartalsende insgesamt auf rund 1 552 Milliarden Euro. Das Nettogeldvermögen fiel damit von zuvor 3185 auf 3111 Milliarden Euro.
Mit Ausnahme einiger krisenbedingter Dellen häufen die Deutschen aber seit Jahrzehnten stetig mehr Geldvermögen an: Anfang 1991 hatte das Geldvermögen der privaten Haushalte noch einen Wert von revidiert 1751 Milliarden Euro, Anfang 2001 waren es revidiert 3488 Milliarden Euro. 2005 wurde die Marke von 4000 Milliarden Euro erstmals übersprungen.
Vor dem jüngsten Minus 2011 waren die Geldvermögen im Quartalsvergleich zuletzt nach der Lehman-Pleite im Krisenwinter 2008/2009 dreimal in Folge geschrumpft. Die Delle war jedoch schon Ende 2009 wieder mehr als aufgeholt.