Lebensversicherung kommt aus der Mode

Berlin/Düsseldorf (dpa/tmn) - Mit Kapitallebensversicherungen sind die Hinterbliebenen abgesichert, und gleichzeitig gibt es einen Sparplan. Verbraucherschützer kritisieren das Modell als intransparent und unrentabel.

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Alte Verträge können sich aber durchaus rechnen.

Geld zurücklegen fürs Alter: Daran führt kein Weg vorbei, schließlich will im Ruhestand niemand Abstriche machen. Millionen von Bundesbürgern haben dafür eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Locken ließen sie sich damit, dass sie kontinuierlich Rücklagen bilden - und die vereinbarte Versicherungssumme an die Angehörigen ausgezahlt wird, wenn der Versicherte während der Vertragslaufzeit stirbt.

„Bei Kapitallebensversicherungen ist das Geld sicher angelegt, und ältere Verträge haben häufig noch einen sehr hohen Garantiezins“, sagt Simone Schuchert vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Ein weiteres Plus: Die Auszahlung ist steuerfrei, wenn der Vertrag vor 2005 abgeschlossen wurde, mindestens zwölf Jahre läuft, der Todesfallschutz wenigstens 60 Prozent der insgesamt zu zahlenden Beiträge umfasst und wenigstens fünf Jahre lang regelmäßig Beiträge gezahlt wurden.

„Es gibt zwar durchaus Aspekte, die für die Kapitallebensversicherung sprechen“, erklärt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. „Allerdings überwiegen die Nachteile.“ So sei für den Versicherten nicht ersichtlich, wie viel von seinem Beitrag in den Sparplan und wie viel in den Risikoschutz fließt.

„Außerdem ist völlig vage, wie viel Geld der Versicherte nach Ablauf des Vertrags überhaupt erhält“, sagt Weidenbach. Verlassen könne er sich nur auf die garantierte Erlebensfallsumme und die garantierte Überschussleistung, die bei 1,75 Prozent für Neuabschlüsse ab dem 1. Januar 2012 liegt und in absehbarer Zeit auf 1,25 Prozent sinken könnte. Darüber hinausgehende Überschüsse hängen vom Geschäftserfolg der Versicherungsgesellschaft ab - „das ist mittlerweile ein reines Roulette-Spiel“, bemängelt Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg.

Auch Kleinlein sagt: „Der Abschluss einer Kapitallebensversicherung ist für den Verbraucher nicht lukrativ.“ Das liegt aus seiner Sicht neben den unterdurchschnittlichen Renditen auch an der mangelnden Flexibilität: „Wer eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen hat, kommt zwar aus dem Vertrag heraus, aber meist nur mit hohen Verlusten“, erläutert Kleinlein. Wird der Vertrag in den ersten Jahren gekündigt, sind für den Versicherten die eingezahlten Beträge quasi komplett verloren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Abschlusskosten für den Vertrag mit den Prämienzahlungen der ersten Jahre verrechnet werden.

„Aber auch für Versicherte, die schon längerfristig eine Kapitalversicherung haben, lohnt sich eine Kündigung häufig nicht“, betont Weidenbach. Wer - etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit - nicht mehr in der Lage ist, die vertraglich vereinbarten Beiträge zu zahlen oder dies einfach nicht mehr möchte, kann den Vertrag beitragsfrei stellen. „Damit fällt aber auch die Summe, die die Versicherung am Vertragsende auszahlt, niedriger aus“, so Kleinlein. Außerdem stellen die Versicherer in aller Regel Stornogebühren in Rechnung - das sorgt für ein weiteres Sinken der Ablaufleistung.

Finanzieller Schutz für die Hinterbliebenen im Todesfall sowie Geldanlage - eigentlich muss beides sein. Inzwischen geht der Trend dahin, das Sparen vom Risikoschutz abzutrennen, „die klassische Kapitallebensversicherung ist etwas aus der Mode gekommen“, sagt Simone Schuchert vom GDV: „Menschen, die fürs Alter vorsorgen wollen, schließen seit einigen Jahren in erster Linie Rentenversicherungen ab.“ Eine aus Sicht der Verbraucherschützer positive Entwicklung. „Zwei Versicherungen für sich, das ist für Verbraucher bedeutend transparenter und vor allem auch rentabler“, betonen die Experten.

Als Faustregel bei den jeweiligen Vertragsabschlüssen gilt: „Kunden sollten nur solche Versicherungen abschließen, die sie auch verstehen“, rät Kleinlein. Hilfreich ist immer, mehrere Angebote miteinander zu vergleichen. „Geachtet werden sollte bei Vertragsunterzeichnung auch auf geringe Abschluss- sowie Verwaltungskosten“, so Weidenbach. Im Zweifelsfall sollte man bei Verbraucherzentralen nachfragen.

Vor Vertragsabschluss sollte jeder für sich genau abwägen, ob eine Risikoschutzversicherung wirklich nötig ist. „Ein Risikoschutz ist nur dann dringend erforderlich, wenn der Tod eines Elternteils oder eines Partners eine finanzielle Lücke reißen könnte, die weder durch Renten noch durch eigenes Einkommen oder Vermögen zu schließen wäre“, erklärt Weidenbach.