Verbraucherrechte gestärkt Mehr Freiheit beim Kontowechsel: Deutsche bleiben zögerlich
Frankfurt/Main (dpa) - Steigende Gebühren, ungünstige Öffnungszeiten, wenig eigene Geldautomaten - es gäbe viele Gründe, die Bank zu wechseln. Doch der Großteil der Deutschen hält ihrer Hausbank die Treue - oft ein Leben lang.
Die wenigsten Verbraucher haben in jüngster Zeit ihr Konto umgezogen, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, dass der deutsche Gesetzgeber vor einem Jahr die Rechte der Bankkunden beim Kontowechsel gestärkt hatte.
Die Deutschen bestätigen vielmehr ihren Ruf als Wechselmuffel: Nur 174 (rund neun Prozent) der 2052 Befragten haben der YouGov-Erhebung zufolge in den vergangenen zwölf Monaten ihre Hauptbankverbindung gewechselt. Auf niedrigem Niveau am höchsten war die Wechselbereitschaft dabei noch in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen.
Wer sich eine neue Bank gesucht hat, begründet das vor allem mit einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis (67 Prozent) und einem dichteren Netz an Geldautomaten (27 Prozent) beim neuen Institut. Auch die bessere Erreichbarkeit vor Ort beziehungsweise per Telefon und E-Mail ist ein Wechselgrund (je 14 Prozent).
Dass der Gesetzgeber im September 2016 die Rechte von Verbrauchern gegenüber Banken gestärkt hat, hat sich mittlerweile zwar immerhin bei etwa jedem Zweiten (48 Prozent) herumgesprochen. Unter den Kontowechslern gaben aber nur 24 (gut 1 Prozent) an, die Neuregelung habe eine Rolle bei ihrem Wechsel der Hauptbank gespielt.
Nach den verschärften Vorgaben, die seit dem 18. September 2016 gelten, muss das neue Institut ein- und ausgehende Überweisungen sowie Lastschriften des alten Kontos übernehmen. Die bisherige Bank hat dazu dem neuen Institut und dem Kunden eine Liste der Aufträge der vorangegangenen 13 Monate zu übermitteln. Nach spätestens zwölf Geschäftstagen soll das neue Konto fertig eingerichtet sein. Die Regelungen sind Teil des Zahlungskontengesetzes, mit dem eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wird.
„Kontowechsel in nur 10 Minuten“, „Girokonto-Umzug: mit wenigen Klicks alles erledigt“ - so oder ähnlich buhlen Banken und Sparkassen im umkämpften deutschen Markt um Kunden. Die Stiftung Warentest nahm die vollmundigen Versprechen wörtlich und ließ in diesem Frühjahr drei Testpersonen den digitalen Kontowechselservice von drei zufällig ausgewählten Instituten ausprobieren. Das durchwachsene Fazit: „Zweimal klappte alles gut. Der dritte Wechsel gelang nur, weil die Testperson ihn selbst in die Hand nahm. Bei keiner der drei Banken war der Kontoumzug in den vorgeschriebenen gut zwei Wochen erledigt.“ Mal habe die Technik versagt, mal seien die Testpersonen unsicher gewesen, mal habe es an den Zahlungspartnern gelegen.
Von den Kontowechslern in der aktuellen YouGov-Umfrage sagten 156 (gut 89 Prozent), der Umzug zur neuen Hauptbank habe reibungslos funktioniert. Bei 11 (gut 6 Prozent) ruckelte es, der Rest machte dazu keine Angaben.
„Es läuft noch nicht überall reibungslos, es gibt da auf jeden Fall noch Anfangsprobleme“, zieht Verbraucherschützer Frank-Christian Pauli eine Zwischenbilanz der neuen Bestimmungen zum Kontowechsel. Pauli betont: „Verbraucher müssen den Anbieter rasch und reibungslos wechseln können - gerade in Zeiten steigender Gebühren.“ Dazu sei die Zahlungskontenrichtlinie im Grunde ein „ganz wichtiges Instrument“: Wer bisher den Kontowechsel scheute, aus Sorge, Angaben zu Daueraufträgen oder Lastschriften zu vergessen, kann sich auf die Verpflichtung der Kreditwirtschaft berufen, Kunden beim Umzug des Kontos zu unterstützen.
„In Deutschland ist ein individueller Service für Kunden, ihr Konto wechseln zu können, kein Neuland“, bekräftigten die fünf großen Bankenverbände, die in der Deutschen Kreditwirtschaft organisiert sind, auf Anfrage. „Seit jeher unterstützen die deutschen Banken und Sparkassen aktiv Neukunden bei einem Kontowechsel.“ Probleme mit den neuen gesetzlichen Vorgaben sieht die Branche nicht.
Doch ohnehin ist in absehbarer Zeit keine Wechselwelle in Sicht. In den nächsten zwölf Monaten beabsichtigt der YouGov-Umfrage zufolge nur eine Minderheit von gut 6 Prozent, ihre Hauptbankverbindung zu verändern. Die große Mehrheit von 82 Prozent der Befragten dagegen bleibt ihrer Bank treu - manchem Ärger zum Trotz.