Umsonst ist nicht kostenlos: Bei Anlageberatung fließt Provision
Berlin (dpa/tmn) - Nichts ist umsonst - auch die Beratung bei Banken und Finanzvermittlern nicht. Zwar müssen die Kunden für die Gespräche nichts zahlen. Doch für jeden Abschluss bekommt die Bank Geld - was viele Kreditinstitute allerdings verschleiern.
Der Schaden ist groß. Rund 20 Milliarden Euro gehen Verbrauchern nach Schätzungen des Bundesverbraucherministeriums jedes Jahr verloren. Der Grund: Die Anlageberatung war schlecht oder sogar falsch. Eine der Ursachen: „Die Beratung ist vor allem von Provisionen getrieben“, erklärt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) in Berlin. Das Eigeninteresse des Beraters ist meist größer als sein Interesse am Wohl des Kunden. Daher hat sich der Verband dieses Themas zum Weltverbrauchertag (15. März) angenommen. An diesem Tag erinnern jedes Jahr Organisationen weltweit an die Interessen von Verbrauchern.
„Finanzberatung verfolgt natürlich immer auch die wirtschaftlichen Interessen des Beraters nach Provisionen und Margen“, sagt Mohn. „Es handelt sich dabei weniger um ein Beratungs- als um ein Verkaufsgespräch.“ Dieses Prinzip schafft Probleme, weiß auch Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. „Der Berater ist in einem Interessenkonflikt“, sagt der Bankenexperte. „Er soll einerseits seinem Kunden etwas Gutes tun und andererseits Geld für sein Institut verdienen.“
Kunden bekommen daher oft Produkte angeboten, die sie nicht wirklich brauchen. „Viele Empfehlungen gehen zulasten der Verbraucher, nicht zu ihren Gunsten“, sagt Dorothea Mohn. Die Folge: Häufig halten Kunden die abgeschlossenen Verträge nicht bis zum Ende der Laufzeit durch und steigen früher aus - mitunter sogar mit Verlust. Gleichzeitig werden Kunden bewusst dazu bewegt, alte Verträge zu kündigen und neue abzuschließen. Dabei werden erneute Provisionszahlungen fällig. „Das schlägt durch auf die Altersvorsorge und wird irgendwann zu einem Problem für die gesamte Gesellschaft.“
Diesen Zusammenhang hat grundsätzlich auch der Gesetzgeber erkannt. Deshalb müssen Berater ihre Kunden darüber aufklären, wie viel Provision sie bekommen. „Der Berater legt es dem Kunden offen, was er von dem Herausgeber eines Finanzproduktes bekommt“, sagt Julia Topar vom Bundesverband deutscher Banken in Berlin. Es reicht aber, wenn die Angaben in den Produktinformationen enthalten sind, die der Berater dem Kunden übergibt.
Die Aufklärungspflicht umgehen allerdings viele Institute einer aktuellen Untersuchung des VZBV zufolge. Dafür nutzen sie rechtliche Schlupflöcher: Wertpapiergeschäfte wickelten die Banken und Sparkassen zum Beispiel einfach als Festpreis- statt als Kommissionsgeschäfte ab. Denn beim Festpreis bekomme die Bank keine Provision, sondern profitiere von der Gewinnmarge - und die muss sie nicht offenlegen.
Die Initiative Finanzmarktwächter des VZBV befragte 126 Banken und Sparkassen, ob sie Wertpapiergeschäfte mit Festpreis oder Kommission abwickelten. 80 Prozent verweigerten die Aussage. Von den Banken, die Auskunft gaben, verkauften 80 Prozent Wertpapiere entweder nur oder auch in Form eines Festpreisgeschäftes - also ohne Transparenzpflicht. Der VZBV kritisiert, dass die Kommissions- formal durch die Festpreisgeschäfte ersetzt werden, um dem Kunden nicht offenbaren zu müssen, dass die Bank ein Eigeninteresse an einem Abschluss hat.
Und selbst wenn die Provision bei Kommissionsgeschäften offengelegt wird: Ob der Kunde mit diesen Informationen in der Praxis etwas anfangen kann, ist nicht immer klar. Die Verbraucherzentralen fanden in einer Studie heraus, dass die Geldinstitute ihrer Pflicht zwar grundsätzlich nachkommen. „Verbraucher können auf den ersten Blick aber gar nicht erkennen, wie viel Geld wirklich fließt“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Der Grund: Die Angaben zu Provisionen erfolgen in der Regel in Prozent und sind über diverse Produktinformationen hinweg verstreut. „Man muss oft ganz genau fragen und mit einem Taschenrechner nachrechnen, wie viel die Provision wirklich ausmacht“, kritisiert der Finanzexperte. Sein Fazit: „Das Gebot der Verständlichkeit wird grob verletzt.“
Und nicht nur das: Aus Sicht der Verbraucherschützer ist die provisionsabhängige Beratung sogar teurer als die Honorarberatung. Der Grund: Nicht nach jedem Gespräch wird auch ein Vertrag unterzeichnet. „Gibt es nach drei Beratungen nur einen Abschluss, muss dieser die Kosten für alle Gespräche wieder einspielen“, erklärt Nauhauser. Das steigere das Interesse der Berater, möglichst hohe Provisionen zu kassieren.
Kunden sollten daher bei einer Bankberatung immer im Hinterkopf behalten: Bei einem Abschluss fließt Geld. Denn auch wenn der Kunde nichts für die Beratung bezahle, sei das Gespräch nicht umsonst. „Deshalb sollte man auch nicht nur zu seiner Hausbank oder seinem Finanzberater gehen“, empfiehlt Markus Feck.
Stattdessen sollten Verbraucher mehrere Angebote einholen, beispielsweise von Direktbanken, und diese miteinander vergleichen. „Der Berater kann ja schließlich nicht die Produkte der Konkurrenz empfehlen“, sagt Nauhauser. Die könnten aber möglicherweise für den einzelnen Kunden besser geeignet sein.
Verbraucher könnten außerdem konkret nachfragen, wie hoch die Provisionen für die einzelnen Angebote sind. „Man muss sich immer die Frage stellen, ob sich das für einen rechnet“, sagt Markus Feck. Denn auch nach dem Abschluss flössen bei vielen Produkten weiterhin regelmäßig Provisionen. „Das mindert dann unter Umständen die Rendite.“
Generell gilt: „Sie sollten niemals etwas kaufen, was Sie nicht verstehen“, empfiehlt auch Julia Topar. Prospekte und Informationen der angebotenen Produkte sollten Kunden genau durchlesen. Denn hier fänden sich wichtige Informationen, auch über Provisionen. „Am Ende sollten Sie von dem Produkt überzeugt sein.“