Vorsorgevollmacht: Alles geregelt für den Ernstfall

Düsseldorf (dpa/tmn) - Wenn ein Mensch plötzlich nicht mehr für sich selbst entscheiden kann, muss ein anderer seine Geschäfte regeln. Mit der Vorsorgevollmacht lässt sich bestimmen, wer einspringen soll.

Doch das setzt viel Vertrauen voraus.

Ein junger Mann feiert seine frisch erworbene Volljährigkeit und braust mit dem neuen Motorrad durch die Eifel. Der Ausflug endet mit einem tragischen Unfall - der junge Fahrer landet im Krankenhaus: Koma. Der Arzt verweigert der aufgeregten Mutter jegliche Informationen über den Zustand ihres Sohnes und verweist auf seine Schweigepflicht. Ein Fall, nicht von Juristen konstruiert, sondern erst vor wenigen Wochen geschehen. „Besser kann man die Notwendigkeit einer Vorsorgevollmacht selbst schon in jungen Jahren nicht verdeutlichen“, sagt die Juristin Ingeborg Heinze aus Düsseldorf.

Die ehemalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Meerbusch in Nordrhein-Westfalen hält seit Jahren Vorträge zum Thema Patientenvorsorge. Für sie steht fest: „Eine Vorsorgevollmacht braucht jeder, der volljährig ist.“ Denn mit der Volljährigkeit endet das gesetzliche Vertretungsrecht der Eltern. Die Mutter des besagten Jungen war also gezwungen, beim Vormundschaftsgericht das Sorgerecht zu beantragen.

Doch was regelt eine Vorsorgevollmacht? Wer durch Krankheit, Unfall oder Pflegebedürftigkeit nicht mehr handlungsfähig ist, braucht jemanden, der für ihn entscheidet. Qua Gesetz gibt es zunächst aber niemanden, der automatisch einspringen darf.

Mit der Vorsorgevollmacht kann der Betroffene diese Lücke stopfen und eine oder mehrere Personen benennen, die in seinem Namen handeln dürfen. Mit der Urkunde kann unter anderem der Gesundheitsbereich - wer entscheidet über OP, lebenserhaltende Maßnahmen, Pflegeheim und so weiter - abgedeckt werden. Die Vollmacht kann beispielsweise auch für Verträge, Immobilien und Bankangelegenheiten eingesetzt werden oder was dem Vollmachtsaussteller sonst noch wichtig erscheint. Ausgenommen sind hingegen Bereiche wie Eheschließung und Testamentserstellung. Außerdem lassen sich Personen für verschiedene Bereiche bevollmächtigen. Möglich sind auch Regelungen, wer in welchem Fall oder bei Uneinigkeit entscheiden darf.

Das Problem: Es gibt keine gesetzliche Vorgaben, wie eine Vorsorgevollmacht auszusehen hat. Der Spielraum dafür ist damit schier unendlich. Im Internet findet sich entsprechend eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Vordrucke. Doch diese seien sehr generell gehalten und gehen nicht unbedingt auf die persönlichen familiären Verhältnisse ein, sagt Thomas Diehn, Geschäftsführer der Bundesnotarkammer in Berlin. Je überlegter wichtige Details in der Vorsorgevollmacht geregelt sind, desto sicherer ist sie.

Der Vorteil einer Vorsorgevollmacht liegt auf der Hand: Relativ unbürokratisch kann jemand bestimmt werden, der alles regelt, wenn man selbst nicht mehr kann. „Doch gleichzeitig muss ich diesem Jemand ein großes Maß an Vertrauen schenken, dass er alles in meinem Sinne regelt“, sagt Diehn. Schließlich bekommt der Bevollmächtigte eine ungeheure Machtfülle in die Hand.

Deshalb sollte der Vollmachtersteller mit dem Bevollmächtigten seine Wünsche auch detailliert durchsprechen. Ist das Vertrauen nicht da, ist die Vorsorgevollmacht vielleicht die falsche Form. Dann sollte man auf einen gerichtlich bestellten Betreuer setzen. Dieser wird eingesetzt, wenn es keinen Bevollmächtigten gibt. Der Betreuer steht unter der Kontrolle des Gerichts - kann also nicht schalten und walten, wie er will. Was bei dringenden Amts-, Finanz- oder Gesundheitsentscheidungen wiederum ein Nachteil sein kann.

Literatur:

Winkler, Margit: Vorsorgen ist keine Frage des Alters, Walhalla Fachverlag, 168 S., 19,90 Euro, ISBN-13: 978-3-8029-3903-7