Was Kunden bei der Finanzberatung beachten sollten
Stuttgart (dpa/tmn) - Zu teuer oder zu riskant: Finanzberatung geht oft an den Wünschen der Kunden vorbei. Allerdings schenken Anleger ihrem Berater oft zu viel Vertrauen. Daher sollten Kunden sich auf die Beratungsgespräche vorbereiten.
Den meisten Deutschen geht es beim Thema Geldanlage vor allem um eines: eine sichere Altersvorsorge. „Die wenigsten kennen sich auf diesem Gebiet aber auch wirklich aus“, sagt Niels Naushauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. „Deshalb nehmen sie Finanzberatung in Anspruch.“ Doch damit beginnen oft auch die Probleme.
Der Grund: In vielen Fällen ist Finanzberatung nicht bedarfsgerecht. Laut einer Untersuchung der Stuttgarter Verbraucherzentrale gehen die meisten Verträge an der Lebenssituation und den Anlagezielen der Kunden vorbei. „Verkauft werden in erster Linie teure, zu riskante und viel zu oft auch unflexible Verträge“, sagt Nauhauser.
Rund 75 Prozent der bisher 200 von den Experten unter die Lupe genommenen Verträge waren zu teuer. In mehr als 50 Prozent der Fälle passten die Produkte nicht zur Risikobereitschaft der Kunden, und in rund 43 Prozent der Fälle fehlte die nötige Flexibilität. Wo die Beratung stattfand, spielte dabei keine Rolle: Kritisiert wurden sowohl Angebote unter anderem von Versicherungsmaklern, Banken oder Sparkassen als auch von unabhängigen Beratern.
Für die Kunden kann das teuer werden, wie das Beispiel einer Familie mit zwei Kleinkindern zeigt: Ein Versicherungsagent hatte den Eltern, beide Anfang 30, vor allem fondsgebundene Rentenversicherungen, einen geschlossenen Immobilienfonds, einen Goldsparplan, eine fondsgebundene Unfallversicherung und einen Riester-Fondssparplan verkauft. Zugleich empfahl der Berater, laufende Versicherungen zu kündigen.
An den eigentlichen Anlagezielen Altersvorsorge und Liquiditätsaufbau gingen diese Empfehlungen vorbei, moniert Nauhauser. „Das Wertschwankungsrisiko war in der Summe zu hoch.“ Zugleich sei durch die Kündigung der Altverträge ohne Not deren durchaus attraktive Rendite von etwa drei Prozent aufgegeben worden. Allein aufgrund der Abschlusskosten für die neuen Verträge sei der Familie ein Schaden von rund 6650 Euro entstanden.
Besonders ältere Kunden sind oft von fehlerhafter Beratung betroffen. „Immer wieder empfehlen Finanzberater hochbetagten Rentnern Produkte, die einen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren haben“, hat Anlegerschutzanwalt Klaus Nieding aus Frankfurt beobachtet. „In so einem Fall müsste man eine Konstitution wie Johannes Heesters haben, um tatsächlich von den Anlageempfehlungen zu profitieren.“
Das Problem: Beim Thema Finanzberatung sind Kunden oft zu vertrauensselig. „Wer zum Beispiel ein Auto kaufen will, liest nicht nur alle Testberichte, sondern vergleicht auch die Preise bei verschiedenen Händlern“, sagt Nieding. „Bei der Finanzberatung hingegen verlassen sich die Kunden auf das, was ihnen ein einzelner Anlageberater erklärt.“
Doch das ist meist ein Fehler. „Kunden verstehen nicht, dass es einen Interessengegensatz zwischen ihren Wünschen und dem Anliegen des Beraters gibt“, erklärt Rechtsanwalt Julius Reiter aus Düsseldorf. Die Kunden wollten beraten werden, der Finanzvermittler Geld verdienen. Und das geschehe durch die Provisionen, die Vermittler für den Verkauf von verschiedenen Produkten bekämen. „Finanzprodukte werden verkauft, nicht gekauft“, stellt der Anlegeranwalt klar.
Anlegeranwalt Nieding sieht noch ein weiteres Problem: „Die Anleger entwickeln immer nur ein Problembewusstsein für bestimmte Produkte.“ So hätten sich etwa viele an Aktien von vermeintlich heißen Internetfirmen am Neuen Markt die Finger verbrannt. „Jetzt kaufen sie keine Aktien mehr, lassen sich dafür aber riskante Zertifikate andrehen.“ Sein Kollege Reiter ergänzt: „Das beste Geschäft ist oft das, was man nicht macht.“
Auf eine Finanzberatung sollten sich Kunden immer vorbereiten, empfehlen die Anlegerschützer unisono. „Egal ob in Zeitung, Radio oder Internet - Anleger müssen sich informieren, damit sie auf Augenhöhe mit dem Berater sind“, sagt Klaus Nieding. Produkte, die man selber nicht verstehe, sollte man nicht kaufen.
Niels Nauhauser empfiehlt, während des Gesprächs mitzuschreiben und sich genau über Vor- und Nachteile sowie über die Kosten der angebotenen Anlagen aufklären lassen. Dieses Protokoll sollte der Berater unterzeichnen. „Dann zeigt sich ja, ob er zu den eigenen Empfehlungen steht.“ Und eines sollten Kunden in jedem Fall während des Gesprächs im Hinterkopf haben, sagt Anwalt Julius Reiter: „Finanzberatung gibt es nicht umsonst.“