13-Jährige stirbt an Masern: zweiter Todesfall 2011
Bad Salzuflen/Köln (dpa) - Ein 13-jähriges Mädchen ist im lippischen Bad Salzuflen an den Folgen von Masern gestorben. Natalie aus Nordrhein-Westfalen hat sich Medizinern zufolge bereits vor zwölf Jahren angesteckt.
Sie litt nach Angaben des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (Köln) vom Donnerstag an einer chronischen Masern-Gehirnentzündung (SSPE). Diese kann als Spätfolge einer Masern-Erkrankung auftreten und ist unheilbar.
„Einziger Schutz ist die vorbeugende Impfung“, sagte Martin Terhardt vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Er ist auch Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI), die die in Deutschland maßgeblichen Impfempfehlungen ausspricht.
Gehirnentzündungen sind eine gefürchtete Folge der Masern. Besonders gefährlich ist die SSPE (subakute sklerosierende Panenzephalitis), die Jahre nach einer Infektion auftreten kann.
„Natalie hat sich 1999 in einer Kinderarztpraxis angesteckt. Dort war auch ein Junge mit unklaren Symptomen, dessen Eltern eine Masern-Impfung abgelehnt hatten“, sagte Terhardt. Der ältere Junge habe damals sechs Kinder angesteckt, darunter drei Säuglinge. „Wenn der Junge geimpft gewesen wäre, würde Natalie heute noch leben.“
„Bei zweien dieser Kinder wurde später eine SSPE-Erkrankung diagnostiziert“, sagte Terhardt. Bei dem zweiten Fall sei die Erkrankung bislang weniger schlimm. „Allerdings verläuft die Krankheit in Schüben und am Ende steht immer der Tod.“
Es handelt sich nach Angaben des Verbandes um den zweiten Masern-Todesfall, der dieses Jahr in Deutschland bekannt wurde. Ende März war demnach ein 23-jähriger Weilheimer in einer Münchener Klinik gestorben. Dem Statistischen Bundesamt zufolge sterben in Deutschland jährlich ein bis zwei Menschen an den Folgen der Masern.
Säuglinge könnten nicht gegen Masern geimpft werden, betonte Terhardt, der in Ratingen als Kinderarzt tätig ist. Darum sollten die Kontaktpersonen geimpft sein.
„Nur wenn es uns in Deutschland gelingt, die Masern zu eliminieren, ist auch der Personenkreis geschützt, der nicht geimpft werden kann“, betonte der Arzt. Das betreffe besonders Säuglinge. Deshalb empfehle die Ständige Impfkommission am RKI allen Erwachsenen ab Jahrgang 1971 die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR).
In der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen gebe es die größten Impflücken, sagte Terhardt. Vor allem bei jungen Erwachsenen mit Kinderwunsch sollte der Impfschutz immer überprüft werden. „Wir wissen, dass eine Masern-Infektion ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten birgt. In der Schwangerschaft kann aber nicht gegen Masern geimpft werden.“
Die Zahl der Masern-Erkrankungen in Deutschland kann von Jahr zu Jahr stark schwanken. 2010 gab es laut RKI bundesweit 780 gemeldete Fälle. In diesem Jahr haben sich bereits 1564 Menschen mit den Viren angesteckt - besonders viele Fälle meldete Baden-Württemberg.
Die Masern seien eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten, betonte Günther Dettweiler vom RKI. „Wenn ein Infizierter spricht, hustet oder niest und eine ungeimpfte Person mit den Tröpfchen in Kontakt kommt, ist eine Infektion sehr wahrscheinlich“, warnt er. Gar nichts hält Dettweiler von sogenannten Masernpartys: „Wenn so etwas stattfinden sollte, Kinder absichtlich mit einem gefährlichen Virus zu infizieren, wäre das absolut verantwortungslos.“
Die Deutsche Kinderhilfe forderte eine Pflicht, Kinder zu impfen. Kitas und Schulen sollten nur Kinder aufnehmen dürfen, die einen Impfnachweis erbringen. „Der tragische aktuelle Fall eines toten Kindes widerlegt ideologische Impfgegner, Anthroposophen und Vertreter einer "natürlichen" Kinderheilkunde, die Masern als eine harmlose Kinderkrankheit abtun“, sagte der Vorsitzende der Kinderhilfe, Georg Ehrmann.