14-Jähriger stirbt an Spätfolgen von Masern
Lage (dpa) - In Nordrhein-Westfalen ist ein 14-jähriger Junge an den Spätfolgen von Masern gestorben. Der Junge sei im Alter von fünf Monaten im Wartezimmer eines Kinderarztes mit Masern infiziert worden, berichtete der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte am Donnerstag.
Vor neun Jahren sei er dann an einer chronischen Maserngehirnentzündung erkrankt. Sie kann als Spätfolge einer Masern-Erkrankung auftreten und ist unheilbar. Vor einigen Tagen sei der 14-jährige Michael im lippischen Lage gestorben.
Ein zweites damals infiziertes Kind, Natalie, war 2011 im Alter von 13 Jahren der tückischen Krankheit erlegen. Sie hatte sich zwölf Jahre zuvor in demselben Wartezimmer angesteckt. „Dort war auch ein Junge mit unklaren Symptomen, dessen Eltern eine Masern-Impfung abgelehnt hatten“, sagte Martin Terhardt vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Der ältere Junge habe damals sechs Kinder angesteckt, darunter drei Säuglinge. „Wenn der Junge geimpft gewesen wäre, würden Natalie und Michael heute noch leben“, ergänzte Terhardt.
Gehirnentzündungen sind eine gefürchtete Folge der Masern. Besonders gefährlich ist die SSPE (subakute sklerosierende Panenzephalitis), die meist erst Jahre nach einer Infektion auftreten kann. „SSPE ist eine Zeitbombe“, sagte Terhardt. „Der einzige Schutz davor ist die vorbeugende Impfung.“ Terhardt ist auch Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (RKI), die in Deutschland Impfempfehlungen ausspricht.
Der Berufsverband verwies auf zahlreiche aktuelle Masernausbrüche, zum Beispiel in Berlin. Nach Angaben des RKI wurden bis Ende Mai bundesweit fast 600 Masernfälle gemeldet. Die Zahl schwankt aber von Jahr zu Jahr sehr stark. 2012 gab es 165 gemeldete Fälle, 2011 waren es 1608. 2006 waren es sogar 2308. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sterben in Deutschland jährlich ein bis zwei Menschen an den Folgen der Masern.
Die neue Masern-Welle in Berlin ist ungewöhnlich. Mit 338 gemeldeten Erkrankungen seit Jahresbeginn seien es so viele Fälle wie noch nie seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes 2001, hieß es aus der Gesundheitsverwaltung. Während ansonsten zumeist Kinder erkranken, sind dieses Mal über die Hälfte der fast 340 Masern-Infizierten älter als 16 Jahre, ein Viertel sogar älter als 30 Jahre.
Eine Impfung schützt vor Ansteckung. Auch Babys von immunisierten Müttern sind noch mehrere Monate nach der Geburt geschützt. Aber erst mit rund elf Monaten können die Kinder selbst gegen Masern geimpft werden, sagte Terhardt. Darum sollten Eltern und Betreuer immunisiert sein. Immer mehr Mütter seien allerdings nicht geimpft.
Nach einer Studie der Universität Würzburg und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist die Häufigkeit einer SSPE-Erkrankung deutlich höher als bislang angenommen. Die Studie ist aber noch nicht veröffentlicht. Nach alten Zahlen lag das Risiko, eine SSPE zu entwickeln, bei 1 zu 100 000, erläuterte Virologe Benedikt Weißbrich von der Uni Würzburg. Je jünger ein Mensch sei, desto größer sei wahrscheinlich auch das Risiko zu erkranken.
National wie international wird die Ausrottung der Masern angestrebt. Das ist nach den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation aber nur mit Durchimpfungsraten über 95 Prozent bei den zwei notwendigen Masernimpfungen zu erreichen. Auch Deutschland schafft diese Quote nur bei der ersten Impfung. Ärzte warnen deshalb weiter davor, Masern nicht als harmlose Kinderkrankheit abzutun.