Andrang im Schlaflabor

Nürnberg (dpa) - Besonders gemütlich ist es im Schlaflabor nicht. Neben dem schmalen Bett in dem kargen Raum hängen viele Kabel und medizinische Geräte, eine Kamera und allerlei Instrumente. Doch die 18 Betten im Schlafmedizinischen Zentrum in Nürnberg sind immer belegt, wie Oberärztin Dora Triché sagt.

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Die Zahl der Patienten habe in den vergangenen zehn Jahren „sehr deutlich zugenommen“. Auch Thomas Penzel, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), sagt: „Wir sehen eine Zunahme der Wartezeiten in den Schlaflaboren.“

Deutschlandweit gibt es 280 akkreditierte Schlaflabore und schlafmedizinische Zentren. Im Durchschnitt hat jedes Labor 3,5 „polysomnographische Messplätze“ - sprich: Betten mit Überwachung. Schlafstörungen in Deutschland nähmen zwar nicht zu, aber die Aufmerksamkeit für diese Probleme steige, sagt Penzel.

Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin gehören Schlafstörungen zu den häufigsten Gesundheitsbeschwerden in der Bevölkerung. Umfragen zufolge leide etwa ein Viertel der Erwachsenen daran. Mehr als zehn Prozent der Befragten erlebten ihren Schlaf häufig oder dauerhaft als nicht erholsam. 50 Schlafstörungen sind bislang definiert.

Kurzfristig richtet Schlafentzug keine Schäden an. Er beeinträchtigt aber Funktionen im Gehirn. Konzentration, Denk- und Merkleistung lassen nach. Zu wenig Schlaf beeinträchtigt auch das Lernen. Denn im Schlaf werden Gedächtnisinhalte gespeichert und verfestigt.

Die Ursachen für Schlafprobleme sind vielfältig. Sie reichen von dauerhaftem Stress über große Hitze im Schlafzimmer, zu viel Alkohol oder Nikotin, starkes Übergewicht bis zu körperlichen und psychischen Krankheiten. Nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen ist eine Untersuchung im Schlaflabor nötig - nach Schätzungen der DGSM bei etwa einem Prozent der Bevölkerung.

Die meisten Patienten von Dora Triché leiden unter obstruktiver Schlafapnoe. Das heißt, sie haben während der Nacht immer wieder Atemstillstände (Apnoen). Triché deutet auf einem Computerbildschirm im Kontrollraum auf eine blaue Linie, die die Atmung eines Patienten wiedergibt. Zu sehen sind kleine Ausschläge für jeden Atemzug und dann ein durchgehender Strich. „Hier hat der Patient 43 Sekunden lang nicht geatmet“, erklärt Triché. Dieser Mann leidet stark: Er hat fast jede Minute einen Atemaussetzer. Danach wacht er jedes Mal kurz auf, und sein Blutdruck und die Herzfrequenz steigen. „Das ist jedes Mal ein Mordsstress für den Körper“, sagt Triché. Über viele Jahre erhöhe sich dadurch das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Solche schlafbezogenen Atmungsstörungen hätten erhebliche negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, die Lebenserwartung und das Leistungsvermögen, sagt der Kölner Schlafexperte Alfred Wiater. Die Ursache: Die Muskeln, die den Rachen offen halten, sind in der Nacht weniger aktiv. Der Rachen schließt sich, zu wenig Luft strömt hinein. Manche Menschen haben eine Veranlagung dafür. Außerdem lässt die Muskelkraft im Alter nach. Und bei starkem Übergewicht reichert sich auch im Rachen Gewebe an und erschwert die Atmung.

„Schnarchen ist daher ein sehr häufiges Symptom. Nicht jeder Schnarcher leidet unter obstruktiver Schlafapnoe, aber fast jeder der Patienten schnarcht“, sagt Triché. Der typische Patient sei männlich und übergewichtig. Aber auch Frauen und Normalgewichtige seien betroffen. Helfen kann eine spezielle Maske über der Nase, die Raumluft mit leichtem Überdruck in die Atemwege leitet. „Die Maske heilt nicht. Man muss sie lebenslang tragen wie eine Brille“, sagt die Ärztin.

Viele Menschen fühlen sich aber auch ohne solche schweren Atmungsstörungen am Morgen schlapp und unausgeschlafen. Manche Forscher sehen Hinweise, dass Menschen in Industrienationen immer weniger schlafen. Ob es am Stress im Job liegt, an Schichtarbeit oder an der steigenden Reizüberflutung, ist unklar. „Mehr und mehr wird auf Effizienz und Optimierung unserer Zeit Wert gelegt. Und jetzt ist eben der Schlaf dran“, sagt Penzel von der Berliner Charité. „In unserer Informationsgesellschaft schlafen wir ein bis eineinhalb Stunden kürzer als noch in den 1960er Jahren“, sagt Geert Mayer, Schlafmediziner im hessischen Schwalmstadt.

Ein Erwachsener braucht im Schnitt sieben bis acht Stunden Schlaf. Manche brauchen mehr, andere weniger. „Sechs Stunden Schlaf kann ausreichen, wenn man morgens fit und ausgeruht ist“, sagt Triché. Mit zunehmendem Alter nimmt der Schlafbedarf tendenziell ab. Doch gerade viele ältere Menschen klagen über schlechten oder zu wenig Schlaf. Für sie und auch andere Gruppen wie Schichtarbeiter bietet das Klinikum Nürnberg Schulungen an. Denn Schlafen kann man lernen, wie die Ärztin Kneginja Richter sagt. In ihren Kursen bringt sie den Teilnehmern bei, auf die richtige Schlafhygiene zu achten - also beispielsweise einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus einzuhalten oder im Bett nicht zu lesen oder fernzusehen.