Beliebt und gefürchtet: Große Jungweinprobe 2013
Freyburg (dpa) - Die Nase ganz tief im Glas, laut geschlürft und geschmatzt und zum Schluss kräftig in den Trichter gespuckt. Schlechtes Benehmen ist dies aber nicht. Im Gegenteil.
Mit bangen Blicken wird ihr Urteil erwartet, denn sie sind gefürchtet: die Weinexperten. „Ein Wahnsinn, sehr schöne Fruchtaromen, Zitrus und Mineralität pur“, sagt Jacques du Preez und vermerkt sein Lob hinter einem Winzerbetrieb in der Verkostungsliste. Der gebürtige Südafrikaner ist wie Hunderte Weinprofis und Liebhaber edler Tropfen zur 24. gemeinsamen Jungweinprobe der beiden Qualitätsweinanbaugebiete Saale-Unstrut und Sachsen für den Jahrgang 2013 nach Freyburg im Burgenlandkreis gekommen.
An meterlangen Tafeln hatten die Männer und Frauen nun 203 weiße und rote Weine sowie neun Sekte aus diesen historischen Weinbauregionen zu verkosten. Medaillen oder Titel gab es nicht. Eine Jungweinprobe sei für den Weinerzeuger wichtig, für sein Image und den Verkauf seiner Weine an Händler, Gastronomen und letztlich die Weintrinker, ob sie ihn lieben oder verreißen, wie ein Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI) sagt.
Das weiß auch der aus Frankreich stammende und nun in Sachsen ansässige Winzer Fréderic Fourré. Er hat auch als Sommelier wertvolle Erfahrung zum Geschmack von Weintrinkern in der gehobenen Gastronomie gesammelt, wie er sagt.
Bitter seien die Folgen der Wetterkapriolen im Vorjahr für den Ertrag ostdeutscher Weinbauern gewesen, sagt Siegfried Boy, Präsident des Weinbauverbandes Saale-Unstrut. „2013 war kein einfaches Jahr, ein spätes Frühjahr, im März war noch Winter, und dann kam das Hochwasser. Ich hoffe, 2014 wird es etwas harmonischer. Allerdings ist es bis jetzt viel zu trocken“, betont er.
„Die Wahrheit liegt im Glase. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei“, sagt der Chef des sächsischen Weinbauverbandes, Bernd Kastler. Fruchtig-spritzige ebenso wie elegante, charakterstarke Weine mit ausgeprägtem Aroma - das sei typisch für den Jahrgang 2013 in beiden Anbaugebieten, hieß es. Mit einer Fläche von 760 Hektar an Saale und Unstrut und 488 Hektar in Sachsen gehören die beiden Anbaugebiete laut DWI zu den kleinen unter den 13 in Deutschland mit Qualitätswein. Sie machten zusammen rund ein Prozent der Gesamtfläche aus.
In Deutschland wächst auf 102 000 Hektar Wein, wie an Rhein und Mosel. 2013 wurden bundesweit 8,4 Millionen Hektoliter Wein geerntet (2012: 9,15 Millionen Hektoliter). Das langjährige Mittel liege bei 9,26 Millionen Hektoliter. „Es gab 2013 sehr, sehr große Unterschiede beim Ertrag in den Anbaugebieten“, sagt ein Sprecher vom DWI.
Im Anbaugebiet Saale-Unstrut wurden 2013 rund 43 000 Hektoliter Wein geerntet, das sei eher durchschnittlich gewesen, so Boy. In Sachsen hatten das Wetter und das Hochwasser der Elbe mehr Schäden angerichtet, der Ertrag lag mit 15 500 Hektoliter auf dem Niveau von 2003. Bestes Weinjahr sei überall in Deutschland 2008 gewesen, in dem etwa in Sachsen sogar 27 000 Hektoliter Wein geerntet wurden.
Du Preez findet wie andere Experten auch gerade die Unterschiede der Jahrgänge so spannend. Der 31-Jährige ist Kellermeister im Weingut Schloss Proschwitz in Sachsen. Sein Lob gilt einem Müller-Thurgau aus dem Nachbaranbaugebiet, wo seit mehr als 1000 Jahren Wein an Saale und Unstrut angebaut wird.
„Ich wusste schon in der Wiege, was ich werden will“, sagt du Preez, dessen Familie seit 1690 in Südafrika Weinbau betreibt. Derweil spuckt an der Tafel ein Weinhändler einen Schluck Rotwein mit säuerlichem Gesicht in den Verkostungstrichter - und trägt einen Tadel in die Liste ein.