Bikini-Hasen und Nostalgie: Oster-Schokolade aus dem Schwarzwald
Baiersbronn (dpa) - Bei Osterhasen muss nicht nur die Schokolade süß sein, sondern auch das Aussehen. Die Schwarzwälder Schokomanufaktur setzt da auf Nostalgie. Der Bikini-Osterhase bleibt die Ausnahme.
Bikini-Hase, Handy-Hase, Motorrad-Hase - Konditor Eberhard Holz bietet in seiner Schwarzwälder Schokomanufaktur das gesamte Programm. Allerdings liegt ihm nicht sonderlich viel an den modernen Hasen, die sein Sortiment trendy aufhübschen. Sie haben noch nicht mal einen Namen, denn den verdienen sich beim Lieferanten des Dreisternekochs Harald Wohlfahrt nur die Klassiker. Wie Lothar, der aufrechtgehende Hase mit angedeutetem Fell und Eierkorb auf dem Rücken. „Das ist unsere Nummer eins.“
Der Hase im Bikini dagegen ist eine Spielerei seiner Mitarbeiterin Melanie Preiner. Eberhard Holz lässt sie gewähren - und ein paar Hundert der kessen Häsinnen werden auch über die Theke gehen. Das Hauptgeschäft ist aber immer noch mit Nostalgie zu verdienen - wenn eben nicht nur die Schokolade, sondern auch das Motiv süß ist. Auf der schwäbischen Alp etwa ist Gottfried der Renner, der gemeinsam mit einem Schaf unterwegs ist. Wer etwas in der Hand haben will, greift zum lachenden Jürgen, der mit folgenden Werten besticht: Er ist 55 Zentimeter hoch und 2,5 Kilo schwer.
Für Mitarbeiter Raymond Schürzinger, der geduldig einen Hasen nach dem anderen anpinselt, ist Oskar der Favorit. Der Entwurf stammt aus dem Hause Holz. „Wir wollten einen Hasen, der den Korb vorne trägt“, erzählt der Firmenchef. Nach einigem Suchen in Kinderbüchern und Dekoläden fand er das passende Motiv, das etwas an Disneys Ahörnchen erinnert. „Für mich ist er einfach eine gelungene Mischung aus alt und modern“, sagt Schürzinger.
Den Trend zu „Retro-Figuren“ spürt auch der Geschäftsführer der Sparte Schokolade im Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie in Bonn, Torben Erbrath. „Da gibt es ja die beiden klassischen Figuren: stehend und sitzend, die wohl in etwa den selben Umsatz erzielen.“ Auffällig sei, dass immer häufiger Schoko-Lämmer in Läden auftauchten. „Viele Christen empfinden den Hasen als heidnisch und greifen deshalb zum Osterlamm.“ Nach Berechnungen des Verbands werden in diesem Jahr in Deutschland etwa 19 000 Tonnen Schokolade zu Osterhasen verarbeitet.
Mit knapp 40 Tonnen gehört Holz zu den kleinen Anbietern. Seine Schokolade bezieht er aus Belgien, der Schweiz und Deutschland und mischt daraus seine Geschmacksrichtung. „Unsere Schokolade soll ihre ganz eigene Note haben, die sich sonst nirgendwo findet“, erklärt der Konditor. Er beliefert mit seinen Süßwaren und seinem Brot etliche ausgezeichnete Restaurants. „Meine Backwaren gehen an insgesamt 17 Michelin-Sterne, die Süßigkeiten an 8 Sterne.“
Über eine fehlende Nachfrage kann sich die Manufaktur nicht beschweren, aber Holz will die Produktion nicht aufstocken. „Dann kann ich die Qualität nicht mehr halten.“ Der 62-jährige Firmenchef, der das Unternehmen 1977 von seinem Vater übernahm, braucht den Überblick. Am liebsten ist er jeden Tag der erste im Geschäft: Das bedeutet Aufstehen kurz nach Mitternacht und um 1.30 Uhr die Tür zum Werksraum aufschließen. „Wir arbeiten am besten nachts, da stört uns keiner.“
Bis Ostersamstag laufen in der Manufaktur fast rund um die Uhr die Maschinen: Schokolade wird gemischt und in Zentrifugen in Form gebracht. An den Tischen tupfen die Mitarbeiter Augen und Barthaare auf und packen die Hasen ein. Mit dem Ostersonntag ist der Spuk dann vorbei. „Danach putzen wir vier Wochen lang die Maschinen und feiern die Überstunden ab“, erzählt Holz. Bis im September mit der Nikolaus-Saison der Motor wieder anläuft.