Der Migräne ein Schnippchen schlagen
Berlin/Heidelberg (dpa/tmn) - Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz. Fachleuten gehen von mehr als 165 verschiedenen Arten aus. Eine der häufigsten ist die Migräne. Sie ist nicht heilbar, kann aber behandelt werden.
„Die Migräne ist ein starker, einseitiger, klopfender bis pulsierender Kopfschmerz, der 4 bis 72 Stunden anhält“, beschreibt Uwe Reuter von der Charité in Berlin die Symptome. Begleitend kann es zu Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, Licht oder Gerüchen sowie Übelkeit und Erbrechen kommen. In Deutschland leiden Neurologen zufolge etwa 12 bis 14 Prozent der Frauen und 6 bis 8 Prozent der Männer an Migräne.
Es gibt verschiedene Formen: mit oder ohne Aura. Als Aura wird die Phase vor einer Attacke bezeichnet, erläutert Prof. Hans-Christoph Diener, Präsident der International Headache Society. Sie zeichnet sich durch Seh-, Gefühls- oder Sprachstörungen aus. Es gibt zudem menstruelle oder menstruell assoziierte Migräneattacken. Bei der menstruellen Migräne treten sie überwiegend in der Zeit der weiblichen Regel auf. Sind sie menstruell assoziiert, leidet die Frau unabhängig davon, hat aber währenddessen stärkere Symptome.
Für eine Attacke gibt es häufig bestimmte Auslöser, sogenannte Trigger-Faktoren. Änderungen des Hormonspiegels, Ernährung, Stress, unregelmäßiger Schlaf und das Wetter können laut Diener Faktoren sein. „Auch Alkohol oder Nahrungsmangel wie bei Diäten sind Trigger“, erklärt Reuter. Ihr kleinster gemeinsamer Nenner: die Veränderung des normalen Lebensrhythmus.
Bei Frauen, die mit der Pille verhüten, ist eine Hormonschwankung der Auslöser für die menstruelle Migräne, erklärt Prof. Thomas Strowitzki von der Uni Heidelberg, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. Sie nehmen die Pille normalerweise drei Wochen ein und pausieren dann. In dieser Woche sinkt das Östrogen rapide ab. Die Frau ist quasi auf Entzug und bekommt dadurch Migräne. In solchen Fällen kann der Verzicht auf die Pillenpause helfen. Das sollte aber vorher mit dem Frauenarzt besprochen werden.
Einigen wenigen Betroffenen reicht es schon, sich in einen abgedunkelten Raum zurückzuziehen und dort zu ruhen oder zu schlafen. Auch ein kühlender Lappen oder Eisbeutel erleichtern die Beschwerden, erläutert Diener. Bei leichten bis mittlerem Schmerzen empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft höher dosierte rezeptfreie Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure beziehungsweise Paracetamol oder Ibuprofen. Allerdings können sie mit der Zeit der Magenschleimhaut schaden.
Bei schwereren Attacken werden oft Triptane verordnet - der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zufolge die am besten untersuchte Wirkstoffgruppe bei der Akuttherapie. Es besteht aber die Gefahr, dass sie bei zu häufiger Einnahme zu Dauerkopfschmerzen führen. Triptane blockieren die Ausschüttung der Botenstoffe im Gehirn. „Dadurch wird die Übertragung des Schmerzes von Nervenzelle zu Nervenzelle gehindert, und die geweiteten Blutgefäße werden wieder verengt“, erklärt Reuter. Bei der medikamentösen Behandlung ist wichtig, dass sie rechtzeitig erfolgt.
Um einer Migräne vorzubeugen oder sie zu lindern, kann es helfen, die Auslöser zu vermeiden, rät Diener. Um diese kennenzulernen, sollten Betroffene ein Migräne-Tagebuch führen. „Denn dann weiß man, wie viele Attacken man im Monat hat und wie viele Tabletten man einnimmt“, erläutert Reuter. Kernpunkt der Vorbeugung: den alltäglichen Stress in den Griff bekommen. Auch Entspannungstraining und Ausdauersportarten tragen dazu bei. Welche Behandlung infrage kommt, sollten Patienten immer ausführlich mit ihrem Arzt besprechen.