Der Traum vom Jungbrunnen
Schönheitsbehandlungen boomen. Doch die Patienten blenden mögliche Risiken und Spätfolgen oft aus.
Düsseldorf. Was der Operateur genau macht in ihrem Gesicht, das wollte sie lieber nicht so genau wissen. Dass fast die ganze Gesichtshaut angehoben wird, um Falten zu glätten, abgesunkene Fettpolster anzuheben und erschlaffte Muskeln in Form zu bringen. Acht Stunden lang wurde sie operiert. Dagmar Stender hat sich einem sogenannten Face-Lift unterzogen, einer Operation, bei der das Gesicht gestrafft wird.
„Ich bin sehr zufrieden, ich sehe zehn Jahre jünger aus.“ 61 ist die Duisburgerin jetzt und geht „gut für 50 durch“. Auch ihr Freundeskreis sei begeistert — sie sehe jetzt frischer und strahlender aus. Die Gedanken an mögliche Folgeschäden — ein schiefer Mund, Nervenverletzungen, Infektionen — habe sie „weggedrückt“: „Ich hatte keine Angst. Ich hatte Zuversicht und Vertrauen zu dem Arzt.“ Dr. Rolf Vohs, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, hat sie in der Augsburger Moser-Klinik operiert. Zwei Tage nach der OP saß Dagmar Stender schon wieder im Zug nach Duisburg.
Immer mehr Menschen legen sich für die Schönheit unters Messer. Genaue Zahlen gibt es nicht, da ambulante und privat zu bezahlende Operationen nicht zentral erfasst werden. Prof. Werner Mang, einer der bekanntesten Schönheitschirurgen Deutschlands und Chef der Bodenseeklinik, geht davon aus, dass sich die Gesamtzahl der rein ästhetischen Eingriffe „der Millionen-Grenze nähert“: „Der Boom hält an, unsere Klinik hat zehnprozentige Zuwachsraten.“ 3000 rein ästhetische Eingriffe werden dort pro Jahr gemacht, 20 000 pro Jahr sind es in der ganzen Mang-Gruppe.
Doch in der „wunscherfüllenden Medizin“ werden im Gegensatz zur „heilenden Medizin“ erstaunlich oft mögliche Risiken verdrängt. „Viele empfinden das nicht als echte Operation“, kritisiert Prof. Peter Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen und Direktor der Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie in Hannover. Manche Komplikationen könnten zu dauerhaften Erkrankungen führen.