Tuberkulose auch in Deutschland noch ein Problem
Berlin (dpa) - Tuberkulose gilt weltweit als einer der großen Killer der Menschheit. Auch in Deutschland gibt es trotz rückläufiger Zahlen keinen Grund zur Entwarnung. Bei Kindern nimmt die Tuberkulose sogar wieder zu.
Trotz leicht rückläufiger Zahlen bleibt Tuberkulose in Deutschland nach Einschätzung des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) eine ernstzunehmende Krankheit. Im Jahr 2009 wurden der Behörde 4444 Fällen und 154 Todesfälle gemeldet. Der Trend sei seit Jahren zwar rückläufig, doch verringere sich die Zahl der Betroffenen nicht mehr so schnell wie früher, sagte RKI-Experte Walter Haas am Montag (21.3.). Besonders gefährdet bei einer Ansteckung mit Tuberkulose seien Kinder. Bei ihnen verlaufe die Krankheit schwerer und könne zu bleibenden Behinderungen führen. Am 24. März ist Welttuberkulosetag.
Weltweit gilt Tuberkulose mit 9,4 Millionen Erkrankungen und 1,7 Millionen Todesfällen pro Jahr als einer der großen Killer der Menschheit. Vor allem in Asien und Afrika südlich der Sahara wütet der Erreger, den der Berliner Mediziner Robert Koch 1882 entdeckte. Das ehrgeizige Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Tuberkulosezahlen bis 2015 zu halbieren, wird kaum einzuhalten sein.
Tuberkulose überträgt sich leicht durch Tröpfcheninfektionen von Mensch zu Mensch, insbesondere auf engem Raum und bei schlechter Hygiene. Die Krankheit ist durch eine monatelange Behandlung mit Antibiotika aber heilbar. Probleme machen heute die Resistenzen der Erreger gegen gängige Medikamente und die Co-Infektion mit HIV.
Testgeräte für Resistenzen hätten die schwierige Lage in einigen Ländern Osteuropas verbessert, sagte Sabine Rüsch-Gerdes, Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für Mykobakterien. Aserbaidschan nutze die Tests zum Beispiel konsequent in Gefängnissen. Das Problem in stark betroffenen Ländern wie Moldawien seien nicht mehr die Tests, sondern die Versorgung der Patienten in Kliniken. „Die Leute stehen dort Schlange.“ Diesen Kliniken müsse besser geholfen werden.
„Im Vergleich zu Osteuropa leben wir mit unseren deutschen Tuberkulosezahlen auf einer Insel der Seligen“, betonte Rüsch-Gerdes. Doch die deutsche Situation lässt die RKI-Mediziner nicht kalt. Nach jahrelanger rückläufiger Entwicklung beobachten die Statistiker seit 2008 eine steigende Zahl von Tuberkulose bei Kindern. Dieser Trend setze sich auch in den vorläufigen Zahlen für 2010 fort, sagte Haas.
„Hausärzten fehlt heute oft die Erfahrung mit dieser Krankheit“, erklärte der RKI-Experte. Würde sie nicht rechtzeitig entdeckt, könne eine Tuberkulose entweder sofort oder im Erwachsenenalter ausbrechen. Allgemein sei die Gefahr einer Ansteckung in Großstädten wie Hamburg und Berlin größer als in ländlichen Regionen.
Tuberkulose-Erreger können von Reisenden eingeschleppt werden. Deshalb empfehlen Experten zum Beispiel, Au-Pairs aus stark betroffenen Ländern bei ihrer Ankunft nach Beschwerden zu fragen. Sie könnten sonst Kinder anstecken. Symptome der Krankheit sind unter anderem Husten, Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Fieber und Atemnot. „Tuberkulose ist nicht nur ein Problem von Obdachlosen und Migranten“, betonte Rüsch-Gerdes. Anstecken könne sich jeder.