Die Deutschen kein Vorbild: Erster UN-„Welttag des Glücks“
New York (dpa) - Glück ist etwas Abstraktes? Mag sein, aber die Vereinten Nationen versuchen es jetzt zu fassen. Am ersten „Welttag des Glücks“ soll der Blick nicht nur auf blanken Wirtschaftszahlen liegen.
Jean-Jacques Rousseau drückte es in nur einem Satz aus: „Glück besteht aus einem schönen Bankkonto, einer guten Köchin und einer tadellosen Verdauung.“ Ganz so prägnant wie der Philosoph der Aufklärung bringen es die Vereinten Nationen nicht auf den Punkt, aber immerhin: Die Weltorganisation UN feiert am Mittwoch (20. März) den ersten „Welttag des Glücks“. Die Botschaft: Zur Zufriedenheit gehört mehr als nur Wachstum und Umsatz.
Wer wüsste das besser als die Deutschen. Beim gerade vorgestellten Weltentwicklungsbericht der Vereinten Nationen schafften sie es nach ganz oben. Moderne Wirtschaft, starke Demokratie, Bestnoten bei innerer Sicherheit, Gesundheits- und Bildungssystem - Deutschland kam auf Platz 5 von fast 200. Allerdings: Wenn es um Zufriedenheit ging, lagen die Deutschen weit hinten. Obwohl sich niemand Gedanken um Hunger, Krieg, Seuchen und Bürgerkrieg machen muss, waren von den Industriestaaten nur die Japaner noch unzufriedener.
Stimmt also, was der griechische Philosoph Epikur schon vor 2300 Jahren formulierte: „Wenn Du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen“? Die Deutschen haben bei allem Reichtum in der Tat nicht den Ruf, die Zufriedensten und Lebenslustigsten zu sein.
In Bhutan, dem kleinen Königreich im Himalaya, ist man da weiter. Dort ist ein „Bruttonationalglück“ seit 2008 sogar in der Verfassung verankert. Ein Index aus neun Punkten schätzt ein, wie sich die Menschen wirtschaftlich, gesellschaftlich und natürlich emotional fühlen. Glücklich kann dabei auch sein, wer bettelarm ist.
Bhutan war es auch, das den Anstoß zum „Welttag des Glücks“ gab, den die UN-Vollversammlung im vergangenen Juni beschloss. „Lasst uns die Verpflichtung zur nachhaltigen Entwicklung der Menschheit und unser Versprechen, anderen zu helfen, erneuern“, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. „Wenn wir zum Gemeinwohl beitragen, bereichern wir uns selbst. Mitgefühl erzeugt Glück und hilft, unsere Zukunft so zu bauen, wie wir sie wollen.“
In nur noch einer anderen Verfassung taucht das Wort Glück auf - in der der USA. Auch bei diesem „Streben nach Glück“ geht es seit 225 Jahren nicht um Glück im Sinne von Zufall oder Freude, sondern als Möglichkeit, das Schicksal in die eigenen Hände nehmen zu können. Oder wie es der Ökonom Karl Georg Zinn sagte: „Die Worte "Glück" und "glücklich" gehören nicht zum wirtschaftswissenschaftlichen Fachvokabular.“ Die Ökonomen sprechen von Wohlstand, Wohlfahrt und Zufriedenheit - meinen damit aber eine Art Glück.
Die UN-Resolution fordert alle 193 Mitgliedsländer auf, für Glück und Wohlergehen ihrer Bürger zu sorgen. Wer Diplomaten nach konkreten Schritten fragt, bekommt erst einen verwirrten Blick und dann, höchstens, eine ausweichende Antwort. Gibt es bald einen Wettbewerb der Staaten nach dem höchsten Glück? Da hatte schon vor mehr als zwei Jahrhunderten der französische Philosoph Montesquieu Bedenken: „Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten als sie sind.“