Dosieren und langsam aufgießen: Filterkaffee richtig zubereiten
Hamburg (dpa/tmn) - Auch wenn der allgegenwärtige Latte macchiato einen anderen Eindruck erweckt: Am meisten wird in Deutschland nach wie vor Filterkaffee konsumiert. Doch worauf kommt es beim Aufbrühen an?
Hamburg (dpa/tmn) - Auch wenn der allgegenwärtige Latte macchiato einen anderen Eindruck erweckt: Am meisten wird in Deutschland nach wie vor Filterkaffee konsumiert. Doch worauf kommt es beim Aufbrühen an?
Kaffee zu filtern, ist noch immer die gebräuchlichste Methode der Kaffeezubereitung. Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes trinken 76 Prozent der Deutschen das schwarze Gebräu so. „Ganz klassisch ist der Handfilter aus Kunststoff oder Porzellan, in den eine Filtertüte kommt“, erläutert Britta Zietemann, stellvertretende Verbandsgeschäftsführerin. Der Filter wird auf eine Kanne oder Tasse gesetzt, mit Kaffeemehl gefüllt und dann aufgegossen. Filtermaschinen machen dasselbe automatisch.
Immer wieder verwendbar für das Filtern von Hand sind sogenannte Dauerfilter mit hauchfeinem Kunststoff- oder Metallsiebeinsatz. „Sie müssen aus Hygiene- und Geschmacksgründen nach jedem Gebrauch intensiv gereinigt werden“, sagt Zietemann. Kaffee enthalte Öle, die sich nur mit Wasser nicht wegspülen lassen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Karlsbader Kanne. Sie besteht aus drei Teilen. „Gröber gemahlener Kaffee kommt in einen Siebkorpus aus Porzellan, der auf der Kanne sitzt“, erklärt Zietemann. „Oben drauf kommt ein Aufsatz, in den das Wasser portionsweise eingefüllt wird.“
Das klingt alles recht einfach. Doch man kann dabei auch viel falsch machen. Das fängt bei der Auswahl des richtigen Kaffeemehls zum Filtern an. „Für 70 Prozent des Geschmacks ist das Produkt verantwortlich“, sagt Klaus Langen, Präsident der Deutschen Röstergilde. Schon auf der Kaffeeplantage könne viel falsch laufen - wie beim Weinanbau. Der Röster sei nur der Veredler. „Man kann guten Kaffee schlecht rösten. Aber man kann schlechten Kaffee auf keinen Fall gut rösten.“ Ein günstiger Preis sollte keinesfalls den Ausschlag beim Kauf geben.
Das nächste ist die richtige Menge Kaffeepulver. Etwa 60 Gramm pro Liter Wasser sollten es sein, raten Experten wie die Kaffeebuchautorin Johanna Wechselberger. Wenn es geschmacksintensiver sein soll, nimmt man etwas mehr. Am besten sei es, den Kaffee in der ganzen Bohne zu kaufen und immer nach Bedarf frisch zu mahlen, ergänzt Langen. „Durch das Mahlen wird die Oberfläche um ein Vielfaches vergrößert, die Aromen verflüchtigen sich.“ Das lässt sich zumindest eindämmen, wenn man immer die Menge mahlt, die man im Moment aufbrühen will. Der Mahlgrad sollte - außer für die Karlsbader Kanne - fein oder mittelfein sein, ergänzt Zietemann.
Wer von Hand filtert, sollte die Kanne oder die Tasse vorwärmen. „Sie müssen den Temperaturverlust so gering wie möglich halten, um keine Geschmacksverluste zu haben“, erklärt Langen. Wer nicht von Hand filtern will, sollte sich eine „schöne ordentliche Filtermaschine“ zulegen. Diese brühen mit konstanter Wassertemperatur - wichtig für den Geschmack. Geräte vom Grabbeltisch seien ungeeignet: „Die haben einen Durchlauferhitzer, der das Wasser anfangs vielleicht auf 78 Grad und am Ende auf 120 Grad bringt.“
Die ideale Aufgusstemperatur des Wassers liegt Fachleuten wie dem Barista Thomas Schweiger zufolge bei 92 bis 96 Grad. „Achten Sie auf den Siedepunkt. Der ist gekommen, wenn das Wasser anfängt zu perlen. Es darf nicht sprudeln.“ Denn dann werde die sogenannte Karbonathärte aus Kalzium und Magnesium im Wasser zerstört. Sie sei jedoch nötig, weil dort die Kaffeearomen andocken. Zu weiches Wasser mache Kaffee darüber hinaus zu sauer, zu hartes zu bitter. Wasserfilter können in diesem Fall Abhilfe schaffen. „Dann bleiben die Mineralien drin, die Geschmacksträger im Kaffee sind“, ergänzt Zietemann.
Auch das Aufgießen an sich ist eine Kunst. „Feuchten Sie das Kaffeemehl erst einmal an“, rät Zietemann handfilternden Menschen. „Gießen Sie dann einen Schwall drauf, lassen Sie das Wasser durchlaufen und füllen Sie dann den Rest in Portionen nach.“ Aromen und Säuren lösten sich so besser.
„Lassen Sie nicht mehr Wasser als benötigt durchrinnen“, ergänzt Wechselberger. „Erhitzen Sie lieber extra Wasser und verdünnen Sie den exakt dosierten, fertigen Kaffee damit, wenn er Ihnen zu kräftig schmeckt“, rät die Kaffeeexpertin aus Wien. Denn sonst geraten auch die Stoffe aus dem Pulver ins Getränk, die darin nicht erwünscht sind - eine Gefahr, die im Übrigen auch bei der sogenannten Stempelpresskanne oder French Press besteht, weil dort immer noch etwas Wasser in Verbindung mit dem Kaffeepulver bleibt.
Zwar sei es letztlich Geschmackssache, was guter und was schlechter Filterkaffee ist, sagt Zietemann. Gut riechen sollte er aber, keinesfalls abgestanden oder schlicht nach nichts. Das Wichtigste sei, dass er frisch aufgebrüht genossen wird. „Halten Sie ihn nicht länger als 30 Minuten warm, sonst verliert der Kaffee alle wesentlichen Aromen“, empfiehlt sie.
Literatur:
- Schweiger, Thomas: Kaffeeschule - Der Weg zum perfekten Kaffee, ars vivendi, 112 S., 18,90 Euro, ISBN-13: 978-3869131856, voraussichtlicher Erscheinungstermin:15. Oktober 2012
- Wechselberger, Johanna/ Hierl, Tobias: Das Kaffeebuch für Anfänger, Profis und Freaks, Braumüller Lesethek, 201 S., 24,90 Euro, ISBN-13: 978-3991000457