Doughnuts: Ein Essens-Klassiker wird neu erfunden
Portland (dpa) - Schlange stehen für einen Doughnut? Nicht ungewöhnlich in Portland. An der US-Westküste gibt es exotische Kreationen, die in alle Welt exportiert werden sollen. Es geht um eine Art Neuerfindung einer Ikone der amerikanischen Esskultur.
Sie sind süß oder salzig, gerne auch beides gleichzeitig. Und sie sind bunt. Aber vor allem müssen sie ungewöhnlich sein. Überall in Portland im US-Staat Oregon werden ihre pinken Kartons gesichtet, die Menschen stehen sogar Schlange für sie: Doughnuts. An einem Samstagnachmittag warten schon einmal 50 Doughnut-Liebhaber auf ihre Ration. Ihnen geht es speziell um „ Voodoo Doughnuts“: 2003 eröffneten Kenneth „Cat Daddy“ Pogson und Tres Shannon ihren ersten Laden im Stadtzentrum Portlands.
„Tres und ich wollten gemeinsam ein Unternehmen gründen, und so kam uns die Idee mit den Doughnuts“, erklärt Pogson. Da beide keine Ahnung vom Backen hatten, machten sie einen Doughnut-Kurs. Sie beschäftigten sich mit dem ringförmigen, in schwimmendem Fett gebackenen, süßen Hefe-Klassiker. Und begannen, eigene Kreationen zu entwerfen: „Sie sollten originell, anders und hübsch aussehen.“
Heute gibt es über 50 verschiedene Varianten und den vierten „Voodoo“-Laden. Die beiden beschäftigen 250 Mitarbeiter und kümmern sich selbst hauptsächlich um Organisatorisches, wie Pogson sagt. Die Ideenfindung für neue Kreationen sei für sie zu einer Art Wissenschaft geworden.
Die Leckereien tragen Namen wie „Old dirty Bastard“ oder „Memphis Mafia“ - und nehmen auch mal die Form eines Penis an. Pogson ist überzeugt, dass der Standort Portland für die Etablierung des Unternehmens wichtig war. „Das Ungewöhnliche und Komische ist hier gern gesehen. In Memphis, wo ich geboren wurde, hätte das nicht so einfach funktioniert.“
Gefragt nach dem Schlüssel zum Erfolg sagt Christian Rauch vom Zukunftsinstitut in Frankfurt am Main: „Ausschlaggebend sind ein gutes, virales Marketing und die Abgrenzung vom Mainstream.“ Virales Marketing - damit sind Kampagnen über soziale Netzwerke im Internet gemeint. Bei den Voodoo-Doughnuts sei zudem wohl das Storytelling (Welche Geschichte lässt sich über die Firmengründung erzählen?) ein wichtiger Faktor.
Für einige Portlander sind die „Voodoo Doughnuts“ schon nicht mehr ganz so cool. „Sobald es alle gut finden, ist es nichts Besonderes mehr“, sagt die 20-jährige Olivia Gray, die in Portland aufgewachsen ist. Gründer Pogson erzählt jedoch von weltweitem Interesse: Er erhalte Anrufe aus Asien, Kanada, Europa und Madagaskar.
Derzeit sichere sich die Firma in anderen Ländern die Rechte, um dann Schritt für Schritt expandieren zu können. „Leider war das Recht am Begriff "Doughnut" in der EU schon vergeben.“ Geplant sei, pro Jahr mindestens ein neues Geschäft zu eröffnen. Begonnen werde 2015 mit Läden in Japan und Taiwan. Dort sollen innerhalb von drei Jahren 12 bis 20 Voodoo-Ableger entstehen.
Ein weiterer Doughnut-Laden aus Portland namens „ Blue Star Donuts“ will in diesem Jahr in Japan expandieren, wie die örtliche Zeitung „ Willamette Week“ berichtete. Der Konkurrent ist ebenfalls bekannt für ausgefallene Kreationen - wie „Fried Chicken Donuts“ - und für die hohe Qualität seiner Produkte. Doch wie kommt der Hype um das eigentlich banale Produkt zustande? Für Pogson ist es der Schuss Verrücktheit - den wollten die Kunden eben.
Nahrungs-Trendforscherin Hanni Rützler erkennt in der Entwicklung Parallelen zum Hybrid Food - dazu zählt etwa der Cronut, ein Mix aus Croissant und Donut. „Der 2014 groß gewordene Trend ist ein Kind der Globalkultur. Dem Mischen und Kreuzen sind keine Grenzen mehr gesetzt.“ So habe Essen etwas demokratisch Befreiendes, denn nichts müsse mehr so gemacht werden, wie man es immer gemacht habe. Doch sie meint auch: Für die beiden Doughnut-Macher werde es schwer, „diese Kreativität“ zu halten.
Eine zu beobachtende Entwicklung im heutigen Lebensmittelüberfluss sei zudem die qualitative Neuerfindung von Grundnahrungsmitteln wie Brot und Fleisch. Und nun gebe es eben die Neuerfindung des Doughnut: „Der Doughnut ist eine Ikone der amerikanischen Esskultur. Vielleicht ist es dem Produkt ja vergönnt, so aus der Massenproduktionsecke herauszukommen.“