Ebola-Ausbreitung im Südosten von Nigeria befürchtet
Washington (dpa) - Ein mit Ebola infizierter Arzt könnte in Nigeria Dutzende Männer und Frauen angesteckt haben: Bereits erkrankt hatte er mit etlichen Menschen engen Kontakt. Bei einer WHO-Konferenz beraten Experten, wie sich die Epidemie in Westafrika mit Medikamenten stoppen lassen könnte.
Dem Südosten Nigerias droht nach Einschätzung der WHO eine Welle von Ebola-Erkrankungen. In der Hafenstadt Port Harcourt im Südosten des Landes seien bisher drei Fälle bestätigt, teilte die Organisation mit. Der Ausbruch habe das Potenzial, sich schneller zu verbreiten als die Welle in der Metropole Lagos, wo das Virus zuerst auftrat, warnte die WHO. In Genf diskutieren seit Donnerstag knapp 200 Mediziner und andere Experten aus aller Welt, wie die Ebola-Epidemie in Westafrika gestoppt werden kann.
Entscheidend für die Verbreitung in Port Harcourt war nach Angaben der WHO die Infektion eines Arztes, der nach seiner Erkrankung noch Patienten operierte und vermutlich zu Dutzenden Menschen Körperkontakt hatte. Bei dem inzwischen verstorbenen Arzt, seiner Frau und einem Menschen in der Klinik wurde der Ebola-Erreger bestätigt. Mehr als 200 Kontaktpersonen stünden unter Beobachtung, schreibt die WHO. Bei 60 davon besteht demnach ein hohes bis sehr hohes Infektionsrisiko.
Das Ebola-Virus hatte Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, am 20. Juli mit einem Mann aus Liberia erreicht, der am Flughafen von Lagos zusammenbrach und fünf Tage später starb. Über eine Kontaktperson dieses Mannes hatte sich der Arzt in Port Harcourt infiziert. Er könnte vor allem Patienten, Gäste einer Familienfeier und Mitglieder seine Gemeinde angesteckt haben.
In Genf diskutierten fast 200 Experten am Donnerstag darüber, welche noch nicht zugelassenen Medikamente im Kampf gegen das Virus helfen könnten. Die WHO hatte Mitte August grünes Licht für den Einsatz von Ebola-Wirkstoffen gegeben, die noch nicht am Menschen getestet sind. Ergebnisse des Treffens sollten am Freitagabend bekanntgegeben werden.
„Es gibt derzeit einige sehr vielversprechende Experimente mit Impfstoffen“, hatte WHO-Chefin Margaret Chan am Mittwoch in Washington betont. „Wir hoffen, damit in Kürze auf die Überholspur gehen zu können. Dann haben wir die Möglichkeit, die Krankheit besonders wirksam zu bekämpfen.“ Die Ebola-Epidemie in Westafrika habe inzwischen mehr als 1900 Menschenleben gefordert, 3500 Menschen seien erkrankt.
„Wir sollten nicht Afrika stigmatisieren“, sagte Chan. „Das ist keine afrikanische Krankheit, das ist eine globale Krise. Und deshalb brauchen wir auch eine globale Lösung.“ Jedes Land müsse sich beteiligen, am besten durch Experten, zumindest aber mit Material oder Geld. „In der 40-jährigen Geschichte von Ebola war noch keine Epidemie so schwer, so ernst und so komplex wie diese.“ Chan lobte die USA als größten Helfer.
In der Fachzeitschrift „The Lancet“ forderte der Gesundheitsexperte Lawrence Gostin von der Georgetown University in Washington, die internationale Gemeinschaft solle einen Fonds für internationale Gesundheitskrisen einrichten. Schon 2011 habe ein WHO-Gremium einen Plan dafür vorgeschlagen. Der sei jedoch wegen Finanzierungsfragen nicht umgesetzt worden.