Experten warnen: Kinder sitzen zuviel
Viele Elf- und Zwölfjährige bewegen sich nichtmal eine Stunde am Tag.
Düsseldorf. Mehr als die Hälfte der Kinder in Deutschland bewegt sich weniger als eine Stunde am Tag. Der Nachwuchs sitzt — vor dem Fernseher, am Computer oder bei den Hausaufgaben. Nun schlagen Experten Alarm: „Sitzen an sich ist ein Risikofaktor für die Gesundheit“, erklärt Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung an der Sporthochschule in Köln.
Sechs- bis zwölfjährige Kinder sitzen laut Froböse mehr als sieben Stunden am Tag. Auch ihre Wochenenden verbringen 82 Prozent der Kinder sitzend vor Computer oder Fernseher. Der zweithäufigste Grund für Sitzzeiten ins Hausaufgaben. Und die Studien zeigen, dass die Kinder sich noch weniger bewegen, je älter sie werden. 90 Prozent der Elf- und Zwölfjährigen bewegen sich nichtmal eine Stunde am Tag.
„Aus unfitten Kindern werden auch unfitte Erwachsene“, warnt der Sportexperte Froböse. Er fordert ein stärkeres Bewusstsein für das Thema in Kindergärten, Schulen und Vereinen: „Wir müssen den Kindern den Bewegungs-Virus so früh wie möglich einpflanzen.“
In Kindergärten sollte noch stärker auf ausreichende Bewegung geachtet werden. Schulhöfe könne man unter anderem mit Rasenflächen attraktiver gestalten. „Ein Basketballkorb reicht nicht aus, die Kinder müssen auch motiviert werden. Man könnte die Bewegungsräume im Unterricht erschließen.“
Sein Appell richtet sich aber auch an Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto in die Schule bringen. Froböse erklärt, dass nur 48 Prozent der Schulkinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen.
Laut einer AOK-Familienstudie haben inzwischen 20 Prozent der Kinder gesundheitliche Beschwerden, jedes vierte gilt als übergewichtig. „Bluthochdruck und Schlaganfälle bei Kindern kommen auch immer häufiger vor“, mahnt Froböse.
Verbieten wolle er das Sitzen aber auch nicht: „Sitzen ist ja ein Kulturgut, aber es ist immer eine Frage der Dosis.“ Kinder, die auch viel Freizeit im Sitzen verbringen, könnten mit festen Regeln motiviert werden. Eltern sollten auch ein Vorbild sein und zum Beispiel gemeinsam mit dem Kind Sport treiben. Denn auch Erwachsene sitzen mehr, als ihnen gut tut. Froböse: „Wenn man den ganzen Tag im Büro sitzt und abends eine halbe Stunde Sport macht, reicht das nicht aus, die lange Sitzzeit zu kompensieren.“