Fatale Ärztefehler - Was Betroffene tun können
Hamburg (dpa/tmn) - Schlecht vernähte Wunden, fehlerhafte OPs: Die Zahl der Toten durch Ärztefehler und mangelhafte Medizinprodukte ist stark gestiegen. Behandlungsfehler gibt es immer wieder. Den Arzt anzusprechen, hilft oft nicht weiter.
Was also können Betroffene tun?
Die offizielle Zahl der Toten durch Behandlungsfehler oder mangelhafte Medizinprodukte ist innerhalb eines Jahres um mehrere hundert auf zuletzt 1634 gestiegen. Das geht aus den jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamts zum Stand in Kliniken und bei niedergelassenen Ärzten 2010 hervor. Im Jahr zuvor waren es noch 1189 Tote gewesen. Als häufigste Todesursachen würden beispielsweise mangelnde Desinfektion, Abstoßungsreaktionen bei einer Transplantation und Komplikationen bei der Implantation eines künstlichen Gerätes genannt.
Die Angaben machte die Bundesregierung auf eine Frage der Grünen-Abgeordneten Maria Klein-Schmeink. Die „Bild“-Zeitung berichtete zuerst über die auf der Internetseite des Bundestags nachzulesende Tabelle. „Es ist nur die Spitze eines Eisbergs“, sagte der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller. In der offiziellen Statistik würden viele Todesfälle gar nicht erfasst. Das Aktionsbündnis geht von jährlich 17 000 Todesfällen durch ärztliche Behandlungsfehler aus.
Erster Ansprechpartner beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler ist der behandelnde Arzt. Darauf weist Christoph Kranich, Gesundheitsexperte von der Verbraucherzentrale Hamburg, hin. Allerdings kämen Betroffene dort häufig nicht weiter, „weil Ärzte und Krankenhäuser sich scheuen, so etwas gleich zuzugeben, selbst wenn es offensichtlich ist.“ Dann müsse man andere Wege beschreiten.
„Man kann erstens seine Krankenkasse bitten, den Medizinischen Dienst einzuschalten“, erklärte Kranich. Auch Patientenberatungsstellen könnten helfen, die ersten Schritte auf diesem Weg zu gehen. Die Kasse dürfe ihr Mitglied beim Vorgehen gegen Ärztepfusch unterstützen, der Medizinische Dienst erstelle ein Gutachten in der Angelegenheit. Allerdings sei das Ergebnis nicht bindend für Ärzte oder Krankenhäuser, könnte aber in einem Gerichtsverfahren nützlich sein.
Außerdem ist es möglich, die Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen der Ärztekammern anzurufen, um den Fall dort aufgrund der Aktenlage begutachten zu lassen. „Sie haben für den Patienten den Vorteil, dass sie keine Kosten verursachen“, erläutert Kranich. Allerdings gehörten diese Stellen zu den Ärztekammern, seien also nicht völlig unabhängig. Außerdem könne die Beurteilung nach Aktenlage unbefriedigend für die Betroffenen sein, und auch hier sei das Ergebnis nicht bindend für Arzt oder Krankenhaus. Darüber hinaus könne das Gutachten zu einer Art „Vor-Urteil“ werden, wenn der Fall vor Gericht geht und der Richter es dann heranzieht.
Denn der Gang vor Gericht ist eine weitere Möglichkeit, gegen Ärztefehler vorzugehen. „Wir empfehlen immer dann gleich juristische Schritte einzuleiten, wenn es um sehr schwere Behandlungsfehler, zum Beispiel Kunstfehler bei der Geburt, geht.“ Alle anderen Betroffenen, insbesondere, wenn sie nicht rechtsschutzversichert sind, sollten diesen Schritt erstmal nicht tun. „Es gibt drei R, die gleich zu Gericht gehen können: die Reichen, die Rechtsschutzversicherten und die Risikobereiten.“ Denn wenn man vor Gericht nicht gewinnt oder nur ein Vergleich geschlossen wird, müsse man sich an den Kosten beteiligen.