Gefragter Hobby-Koch „Hier kocht Alex“: Veganes Leben trotz Schwerstarbeit
Eggersdorf (dpa) — Alexander Flohr schnippelt Gemüse wie ein Profi. Mohrrüben, Paprika, Lauchzwiebeln und Tomaten verwandeln sich unter seinen flinken Fingern quasi im Handumdrehen in zerkleinerte Häufchen, die mit Schwung in Kochtopf oder Pfanne landen.
Wer dem 36-Jährigen aus dem brandenburgischen Eggersdorf zusieht, glaubt einen Profi-Koch vor sich zu haben. Doch der dreifache Familienvater ist Straßenbaumeister. Mit seiner kleinen Firma ist er auf das Pflastern von Wegen oder Terrassen spezialisiert. Ein Beruf, in dem er täglich kraftvoll zugreifen muss. Sein Bekenntnis, Veganer zu sein und leidenschaftlich gern pflanzlich zu kochen, verblüfft da im ersten Moment.
„In unserer Küche habe ich das Sagen, meine Frau hat kapituliert“, sagt der gebürtige Rostocker schmunzelnd. Das tat sie offensichtlich ohne zu murren, denn was „Alex“ am Herd kulinarisch zaubert, scheint auch überzeugte Fleischesser zu begeistern.
„Meine Gerichte müssen gesund und lecker sowie binnen 20 Minuten zuzubereiten sein. Und sie müssen natürlich satt machen“, erklärt der Hobby-Koch. Mit sicheren Handgriffen arbeitet er weiter an seinem thailändischen Süßkartoffelpüree, das er mit gebratenen Tofu-Stücken im Sesammantel und mit warmem Kichererbsensalat kombiniert. „Die besten Gerichte sind die, bei denen es auf dem Teller schön bunt aussieht“, verrät der Eggersdorfer.
Inzwischen kocht er nicht mehr nur im Privaten. Auf der Internetseite des Männermagazins „Men's Health“ hat er seit dem vergangenen Jahr unter dem Motto „Hier kocht Alex“ seine eigene Show. Der Handwerker mit kulinarischer Leidenschaft veranstaltet zudem Koch-Kurse und schreibt an seinem ersten eigenen Kochbuch. „Hier kocht Alex“ heißt es inzwischen einmal monatlich im privaten Regionalfernsehen ODF und demnächst auch im Kundencenter des Energieversorgers EWE im A-10-Center an der gleichnamigen Autobahn am Südrand von Berlin.
„Flohr ist ein gestandener Mann, authentisch und mit Überzeugungskraft auch gegenüber ausgesprochenen Fleischliebhabern“, begründet EWE-Sprecherin Nadine Aurras diese Entscheidung. Ihr Unternehmen setze auch mit dem alljährlichen Schüler-Koch-Pokal verstärkt auf gesunde Ernährung und Lebensweise. „Immer wieder suchen wir Möglichkeiten, um unseren Kunden dieses Thema zu vermitteln.“
Nach Angaben des Vegetarierbundes (VEBU) ernähren sich rund acht Millionen Deutsche inzwischen vegetarisch, also etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Die Zahl der Menschen, die rein pflanzliche Nahrung essen, liege bei 1,3 Millionen, sagt VEBU-Sprecherin Wiebke Unger. „Die Zahl der Veganer und Vegetarier wird auch in den nächsten Jahren weiter steigen, denn immer mehr Menschen erkennen die Vorteile einer pflanzlichen Lebensweise für die Tiere, die Umwelt und die eigene Gesundheit“, meint sie.
Das sieht auch Christian Vagedes, Sprecher der veganen Gesellschaft Deutschland, so. Seinen Angaben nach sind 40 Prozent der Bevölkerung bereit, die vegane Ernährung zumindest einmal auszuprobieren. „Inzwischen haben sich die Lebensmittelkonzerne darauf eingestellt, es gibt immer mehr vegane Produkte, die Preise dafür sinken“, so Vagedes. Köche wie Flohr seien wichtige Multiplikatoren und erleichterten mit ihren Rezepten und Ideen den Umstieg. „Wir wollen nicht missionieren oder alles besser wissen, sondern Lust machen auf leckere und gesunde Ernährung.“
Auch die Gastronomie reagiere auf den veganen Trend, so VEBU-Sprecherin Unger, deren Angaben nach es deutschlandweit 48 rein vegane Restaurants gibt. Zudem seien allein im vergangenen Jahr 211 vegane Kochbücher veröffentlicht worden.
Hobby-Koch Flohr würde gern mit Jugendlichen arbeiten, um sie von Fastfood weg zu bringen, ehe es für ein Umdenken zu spät sei. Bei seinen eigenen drei Kindern - 9, 11 und 16 Jahre alt - habe er das geschafft. „Es gab keinen Zwang. Bei uns zu Hause wird halt nur vegan gekocht. Ich stellte ihnen jedoch frei, außerhalb unserer vier Wände zu essen, was sie möchten.“
Bei dem Familienvater selbst setzte das Umdenken zu gesunder Ernährung erst mit Ende 20 ein, erzählt er. „Ich wog damals 135 Kilogramm, hatte jede Menge gesundheitliche Probleme.“ Gekocht hat Flohr schon immer gern. Nun begann er zu experimentieren — mit der Erkenntnis: „Du kannst Fleisch durch alles Mögliche ersetzen, Hauptsache Gewürz, Kräuter oder Marinade stimmen.“
Vor vier Jahren machte der Eggersdorfer eine Ausbildung zum Ernährungsberater, um zu erfahren, was der Körper braucht und aus welchen Lebensmitteln diese Nährstoffe zu bekommen sind. Überzeugt habe ihn letztlich, wie gut er sich mit rein pflanzlicher Kost fühle. Den typischen Fleischgeschmack, so sagt der inzwischen überzeugte Veganer, vermisse er überhaupt nicht mehr.