Klinikalltag: Kampf gegen tödliche Keime
Tausende Patienten sterben jedes Jahr an den Folgen von Infektionen.
Essen. Sie sind eine unsichtbare Gefahr in Krankenhäusern: Winzige Keime, die meist über die Hände von Mitarbeitern übertragen werden. Jedes Jahr erkranken Schätzungen zufolge bis zu 600 000 Patienten in Deutschland im Krankenhaus an einer Infektion, bis zu 15 000 sterben an den Folgen. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene geht sogar von bis zu 40 000 Toten aus. „Deshalb ist die Sauberkeit unserer Hände das A und O“, sagt Hartmut Unverricht. Er ist Hygiene-Fachmann im Krankenhaus Huyssens-Stift in Essen. Sein Job: den Keimen auf die Pelle rücken.
Dazu sei es unverzichtbar, sich immer wieder die Hände zu desinfizieren, sagt Unverricht. An den Wänden des langen Stationsflurs der Infektiologie im Huyssens-Stift hängen vor jeder Tür Desinfektionsspender — für Mitarbeiter, aber auch Besucher. Sobald sie ein Zimmer betreten oder es verlassen, sollen sie sich die Hände desinfizieren.
Mit zwei Kollegen kontrolliert Unverricht die Einhaltung der Hygienevorschriften in dem 700-Betten-Hospital. Dazu begeht der frühere Krankenpfleger regelmäßig die Stationen und schaut Schwestern und Ärzten bei ihrer Arbeit über die Schulter. Vor allem die Arbeitsabläufe beobachtet er genau: „Sind Handschuhe angezogen? Ist der Verband beim Patienten ordentlich angelegt? Ist die Stelle vorher desinfiziert worden?“
Auch bei Operationen steht Unverricht mit im Raum und beobachtet die Kollegen. „Der OP-Tisch muss vorher ordentlich gereinigt werden, der Patient richtig abgedeckt und die Instrumente müssen steril verpackt sein“, erklärt er. Alles nicht selbstverständlich — unter Zeitdruck und bei fehlendem Personal könne schnell etwas übersehen werden, sagt Unverricht.
Besonders genau sieht der Hygiene-Fachmann auf den Intensivstationen hin. Ist das Immunsystem eines Patienten geschwächt, haben durch offene Wunden oder Öffnungen für Schläuche eindringende Keime leichtes Spiel. Deshalb achtet Unverricht hier besonders auf die Reinigung der Zimmer: „Die exakte Mischung des Wassers mit dem Reinigungsmittel ist sehr wichtig.“ Wenn das Putz-Personal — mit Handschuhen — ein Zimmer gereinigt hat, legt es Unverricht einen Zettel mit der Dosierung vor.
Bei seinen Rundgängen sammelt der Hygiene-Beauftragte Daten, weist Kollegen auf Mängel hin. Auch die Patienten werden auf Keime untersucht: „Um Besiedelungen mit Erregern früh zu erkennen, werden Patienten bei der Aufnahme darauf getestet.“ Fällt der Test positiv aus, bekommt der Patient ein Einzelzimmer.
Trotz aller Vorkehrungen, sagt Unverricht, könnten Krankenhäuser aber nie ganz keimfrei sein: „Wo es Menschen gibt, gibt es auch Keime.“