Koschere Tropfen: Wein aus Israel immer beliebter

Zichron Jaakov (dpa) - Bei Israel denkt man an vieles, nur nicht an guten Wein. Dabei schwärmen führende Experten mittlerweile von den mediterranen Tropfen aus dem Heiligen Land. Denn im israelischen Weinbau hat eine Revolution stattgefunden.

Wein aus Israel galt lange Zeit als mittelmäßig oder gar ungenießbar. „Die billigsten Weine in europäischen Supermärkten kamen von hier“, sagt Daniel Rogov, Israels führender Weinkritiker. Niemals hätte der Journalist der Tageszeitung „Haaretz“ eine israelische Weinflasche zum Vergnügen geöffnet. „Viel zu süß“, winkt der Kritiker ab. Doch seit die Weingüter ihre Winzer im Ausland ausbilden lassen und nur die besten Reben für ihren Wein verwenden, hat sich einiges verändert.

Zahlreiche Experten loben mittlerweile das Weinland Israel. „Israel hat den Dreh hin zu hochwertigen Qualitätsweinen geschafft“, schreibt der Wein-Papst, Robert Parker, in seinem monatlichen Expertenblatt „Wine Advocate“. Ganze 40 Weine aus dem Heiligen Land hat Parker für gut befunden. 14 von ihnen gab der Kritiker über 90 von 100 Punkten.

„Unser Wein schmeckt heute mediterran“, erklärt Adam Montefiore den Erfolg. Der Direktor für Weinentwicklung auf Israels größtem Weingut, „Carmel“ in Galiläa, vermeidet ganz bewusst den Begriff „Naher Osten“. „Das klingt nach Problemen, Politik und Selbstmordattentätern“, meint der Experte. „Bei mediterran denken die Menschen an Olivenöl, gutes Essen und vorzüglichen Wein.“ Und davon gibt es in Israel inzwischen mehr als genug. 200 Betriebe füllen jährlich über 36 Millionen Flaschen ab, so das israelische Institut für Export in Tel Aviv.

Den Erfolg hat bei „Carmel“ die Abkehr von der Massenproduktion gebracht. 15 Millionen Flaschen verlassen jedes Jahr das Weingut. Vor wenigen Jahren waren es noch doppelt so viele. „Wir haben die Menge reduziert, um besseren Wein zu machen“, sagt Montefiore. Das 1882 von Baron Edmond Rothschild gegründete Traditionsunternehmen setzt jetzt auf Klasse statt Masse. Der Yatir Forest, Jahrgang 2003, von „Carmel“ gilt international als Spitzenwein.

Hinzu kommt, dass eine neue Generation von Weinbauern Erfahrung auf der ganzen Welt gesammelt hat. Die drei Winzer des zweitgrößten Produzenten „Barkan“ östlich von Tel Aviv beispielsweise gingen in Australien, Frankreich und den USA in die Lehre. „Israels Weinbauern greifen auf internationales Wissen zurück“, sagt die Barkan-Winzerin Irit Boxer.

Und so stieg 2010 auch Israels Weinexport ins Ausland um fast 30 Prozent auf 21 Millionen Euro. Über die Hälfte landet nach Angaben des Instituts für Export dabei in amerikanischen Läden. Deutschland liegt nach Frankreich und Großbritannien auf Platz vier. Auf der „ProWein“ (27. bis 29. März) in Düsseldorf stellen erstmals zehn israelische Weingüter ihre Produkte vor, so viele waren es noch nie.

Eine Besonderheit des israelischen Weines ist jedoch geblieben: Nach wie vor sind 95 Prozent der Weine koscher, also nach den jüdischen Speisegesetzen hergestellt. „Trotz anhaltender Bedenken des Auslands hat das keinerlei Einfluss auf die Qualität“, sagt Weinkritiker Rogov. Nach Expertenmeinung gibt es keinen Widerspruch zwischen koscher und exzellenten Weinen. „Völlig irrelevant“, urteilt auch Weinpapst Robert Parker.

Weit problematischer als der Koscher-Stempel auf dem Etikett ist für das Ausland jedoch die Herkunft mancher israelischer Tropfen. Ein schwedischer Großhändler versah beispielsweise 2006 jeden Wein vom Golan mit dem Hinweis: „Israel - besetztes syrisches Gebiet.“ Victor Schoenfeld, ein kalifornischer Weinbauer der „Golan Heights Winery“, kann das nicht verstehen. „Der Golan ist doch israelisches Staatsgebiet“, wundert sich der Weinbauer. Israel hatte die Golan-Höhen während des Sechstage-Krieges im Juni 1967 besetzt und 1981 annektiert.

In der Zwischenzeit sorgt sich Weinkritiker Daniel Rogov um ganz andere Dinge. „Die Israelis trinken nicht genug Wein“, meint der Experte. Lediglich sieben bis acht Liter schafft ein Israeli durchschnittlich pro Jahr. „Bei der derzeitigen Weinproduktion“, warnt Rogov, „viel zu wenig.“