Lebensmittel-Lügen: Tricks der Industrie durchschauen
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Rindfleischsuppe ohne Rindfleisch, Erdbeer-Drinks ohne Erdbeeren. Die Lebensmittelbranche täuscht mit irreführenden Produktangaben. Ein neuer Ratgeber der Verbraucherzentralen will mehr Klarheit für die Verbraucher schaffen.
Ansprechende Aufmachung, wohlklingende Bezeichnung: So versuchen Lebensmittelhersteller immer wieder, Kunden zu ködern. „Schauen Sie sich das Produkt vor dem Kauf genau an, sehen Sie sich die Zutatenliste an“, rät Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen. Hilfreich sind kritische Fragen wie diese: „Sind Informationen zu finden, die verständlich und zuzuordnen sind? Wie lautet die genaue Verkehrsbezeichnung des Produkts?“
Diese Bezeichnung sei wichtig, weil ein Produkt nicht nur einen Fantasienamen wie „Crispy Chicken“ tragen darf, sagt die Ernährungsexpertin. So verberge sich hinter der nach natürlich gewachsenem, kross gebratenen Huhn klingenden Ware etwa „Hähnenbrustfleisch zusammengefügt, paniert...“. „Das entspricht also Formfleisch - und das hört sich nicht mehr so lecker an“, erläutert Schauff. Ähnliches gelte für ein „frisches Erdbeergetränk“, das sich bei genauerem Hinsehen als „Mixgetränk mit Erdbeergeschmack“ entpuppen kann. „Geschmack“ stehe meist nur für Aroma, nicht für die dazugehörige echte Frucht.
Am besten ignorieren Verbraucher also die Worte und Bilder auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen und schauen sich vor dem Kauf als erstes die Rückseite an. Die Verbraucherzentralen geben in ihrem neuen Ratgeber „Lebensmittel-Lügen“ zahlreiche Beispiel für Angaben und Abbildungen, die in die Irre führen können. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat das Buch am Dienstag in Frankfurt vorgestellt.
So lässt ein appetitanregendes Foto vorn auf der Packung vielleicht das Wasser im Mund zusammenlaufen, es muss aber nichts mit dem Inhalt zu tun haben. Denn findet sich an oder neben der Abbildung der kleingedruckte Hinweis „Serviervorschlag“, können hochwertige Zutaten gezeigt werden, die nicht im Produkt enthalten sind. Und ein Frischkäse „mit Ziegenmilch“ sei eben nicht dasselbe wie einer „aus Ziegenmilch“, betonten die Verbraucherschützer.
Auch bei der Werbung mit regionaler Herkunft der Ware sollten Verbraucher skeptisch sein, betonte Schauff. „Es gibt keinerlei rechtliche Regelung, wer wie damit werben darf.“ Die Angaben träfen oft nicht zu. Augenfällig sei das zum Beispiel bei einem Orangensaft, der in Norddeutschland mit „aus unserer Region“ beworben wird. „Orangen wachsen dort allenfalls als Ziergewächs.“
Die Verbraucherschützerin weist außerdem darauf hin, dass die Zutatenliste zwar angibt, was wirklich im Produkt steckt, dass es hier aber auch Ausnahmen gibt: Alkohol kann sich als Trägerstoff oder Lösungsmittel von Aromen im Lebensmittel verbergen. Darauf muss der Hersteller dann nicht hinweisen. Der versteckte Alkohol kann jedoch ein Problem für Alkoholkranke sein, die schon bei geringsten Mengen rückfällig werden könnten.
Kritisch hinterfragen sollten Verbraucher Angaben, die Fitness oder Gesundheit versprechen, rät Schauff: „Oft wird etwas ausgelobt, was nicht gehalten wird.“ Bei Produkten mit dem Hinweis „viele Vitamine“ oder „Extra-Portion Milch“ zeige ein Blick auf die Nährwerttabelle, dass auch sie oft zu viel Zucker oder Fett enthalten, heißt es in dem Ratgeber dazu.
Literatur:
Birgit Klein, Andrea Schauff, Claudia Weiß: Lebensmittel-Lügen. Wie die Food-Branche trickst und tarnt. 224 Seiten, 9,90 Euro, E-Book 7,99 Euro, erhältlich unter http://www.vz-ratgeber.de