Medizin: Massage hilft auch dem Hund
Mit gezielten Handgriffen kann ein Tierarzt einem Vierbeiner mit Gelenkproblemen Linderung verschaffen.
Düsseldorf. Als Stefanie Hallack "Spike" mit ihren Händen massiert, fängt der Vierbeiner an, Laute von sich zu geben, die wie Schnurren klingen - obwohl er ein ausgewachsener Rottweiler-Mischling ist.
Die Handgriffe der Tierärztin scheinen den Hund zu entspannen. Stefanie Hallack ist eine ausgebildete Chiropraktikerin. Mit einem Blick sieht sie, ob sich bei dem Tier ein Wirbel verschoben hat. "Die meisten Probleme gehen wie beim Menschen von der Wirbelsäule aus", erklärt sie.
Auch bei "Spike" hat sich der zehnte Halswirbel verschoben. Die Veterinärin greift zu - und der Wirbel sitzt wieder an der richtigen Stelle. Gegen den Begriff "einrenken" wehrt sie sich.
"Ist bei einem Tier erstmal ein Knochen herausgesprungen, ist sowieso nichts mehr zu machen." Symptome wie Probleme beim Aufstehen, Unwilligkeit beim Treppensteigen oder eine allgemeine Bewegungsunlust können auf Blockaden der Gelenke hinweisen.
Auch bei Pferden ist die Chiropraktik mittlerweile eine anerkannte Methode, um den Bewegungsapparat wieder in Form zu bringen. Hat ein Pferd Blockaden, kann dies zu Steifheit, Muskelverspannungen und mangelnder Koordination führen.
Dadurch werden andere Gelenke mit ihren Muskeln, Sehnen und Bändern mehr oder sogar überbelastet. Das Pferd biegt sich schlecht, verliert Geschmeidigkeit, macht den Rücken fest. Taktfehler, Fehltritte bis hin zu unspezifischen Lahmheiten können die Folge sein.
Auch der anderthalbjährige Hund "Spike" hat seine Gelenke überbeansprucht: In den Zwingern eines Tierheims war der Rottweiler ständig gegen die Gitter gesprungen. Bewegungen, die alles andere als Gelenk schonend seien, wie Hallack betont.
Selbst manche Spiele oder sogar eigens für Hunde erfundene Sportarten schädigten die Knochen. Auch eine Schleppleine kann den Halswirbel verschieben. "Am besten ist deshalb, wenn der Hund auch ohne Leine gehorsam ist." Verhindern kann man das nicht. "Sie können Ihr Tier nicht in Watte packen", sagt die Ärztin.
Bei älteren Tieren sei mit Chiropraktik aber häufig nichts mehr zu machen, sagt Stefanie Hallack. "Da baut sich die Muskulatur schon mal ab." Deshalb: "Man sollte nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist", sagt die ausgebildete Chiropraktikerin. Einmal im Jahr sei eine chiropraktische Behandlung durchaus empfehlenswert. Im akuten Fall genügten oft ein bis zwei Behandlungen je nach Grundkonstitution des Patienten und Art der Diagnose im Abstand von rund zwei Wochen.
Tiere lernen erstaunlich schnell, sich auf eine chiropraktische Behandlung einzustellen. Allerdings: "In einigen Fällen brauchen die Tiere tatsächlich eine schulmedizinische Behandlung", sagt Stefanie Hallack - zum Beispiel wenn eine Entzündung vorliegt.
Dann könne sie mit chiropraktischen Methoden keinen Erfolg erzielen, sondern sogar weitere Schäden anrichten. "Deshalb ist es wichtig, die chiropraktische Behandlung von einem spezialisierten Tierarzt durchführen zu lassen", so Hallack. "Denn dieser erkennt, ob das Tier eine Erkrankung hat, die beispielsweise mit Antibiotikum behandelt werden muss."
Genaue Zahlen, wie viele Tierärzte Chiropraktik anbieten, gibt es nicht. "Bislang wurde die Chiropraktik noch nicht in unsere Weiterbildungsordnung aufgenommen", sagt Harald Fischer, Geschäftsführer der Tierärztekammer Nordrhein.
Für den Deutschen Tierschutzbund ist Chiropraktik "eine gute und sinnvolle Ergänzung zur klassischen Schulmedizin", sagt Sprecher Steffen Beuys. "Voraussetzung ist eine genaue Diagnosestellung.
Grundlage für eine qualifizierte Arbeit auf diesem Gebiet bietet deshalb nur das Studium der Veterinärmedizin und darauf aufbauend eine zusätzlichen Qualifikation auf dem Gebiet der Chiropraktik."