Mehr Jugendliche nach Vollrausch in Klinik
Hamburg (dpa) - Trinken bis zum Vollrausch: Die Zahl der jugendlichen Komasäufer in Deutschland ist im vergangenen Jahr leicht gestiegen.
Das geht aus vorläufigen Zahlen der Statistischen Landesämter für 14 Bundesländer hervor, die die Krankenkasse DAK-Gesundheit zusammengestellt hat. Insgesamt landeten 2012 in diesen Ländern mehr als 25 600 junge Leute mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus, wie DAK-Sprecher Rüdiger Scharf sagte - 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Viel extremer sei die Zehn-Jahres-Entwicklung. „Im Vergleich zum Jahr 2003 gibt es eine Zunahme um fast 90 Prozent“, sagte er.
Der jüngste Drogenbericht der Bundesregierung war Ende Mai zu dem Schluss gekommen, dass Jugendliche unterm Strich weniger trinken, rauchen und kiffen als vor zehn Jahren. Bei den 12- bis 17-Jährigen ist der regelmäßige Alkoholkonsum den Angaben zufolge von 17,9 auf 14,2 Prozent 2011 gesunken, wie es im Bericht hieß. Vor der kleinen Gruppe der Komasäufer macht dieser Trend aber offenbar Halt.
Vor allem im Osten tranken 2012 im Vergleich zum Vorjahr mehr junge Leute bis zum Umfallen. Den stärksten Anstieg gab es in den Ländern Sachsen-Anhalt (plus 12,5 Prozent), Thüringen (plus 11,2), Sachsen (plus 9,5) und Berlin (plus 9,1), wie Scharf erklärte. Auch in den westlichen Bundesländern Niedersachsen (plus 8 Prozent), Rheinland-Pfalz (plus 4), Schleswig-Holstein (plus 2,5) und Hessen (plus 1,3) nahm die Zahl der jugendlichen Komasäufer zu.
Rückgänge gab es nach den vorläufigen Zahlen in Baden-Württemberg (minus 6,5 Prozent), Bayern (minus 1,5) und Nordrhein-Westfalen (minus 0,9). In Bremen (minus 12,5 Prozent), Brandenburg (minus 1,2) und Hamburg (minus 0,5) sank die Zahl ebenfalls.
Die vorläufigen Daten zum Komasaufen beziehen sich auf Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis unter 20 Jahren, die nach dem Trinken in einer Klinik behandelt werden mussten. Der DAK lagen Zahlen für 14 Bundesländer vor, nur Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland fehlten. Die endgültigen Zahlen des Statistischen Bundesamts für alle 16 Bundesländer werden in wenigen Wochen erwartet.
2011 waren bundesweit 26 349 Kinder und Jugendliche volltrunken in eine Klinik gekommen - und damit 16 835 mehr als zu Beginn der Erhebung des Statistischen Bundesamts im Jahr 2000.
DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher erklärte zu den aktuellen Zahlen zum Komasaufen: „Nach unserer Einschätzung bleibt die Zahl jugendlicher Komasäufer bundesweit auf hohem Niveau, auch wenn es in einzelnen Ländern einen Rückgang gibt. Deshalb ist es wichtig, Jugendliche dauerhaft über die Gefahren des Alkoholmissbauchs aufzuklären.“ Die Kasse will auch 2014 die bundesweite Kampagne „Bunt statt blau“ starten. Der Plakatwettbewerb zur Alkoholprävention für Schüler zwischen 12 und 17 Jahren geht dann in die fünfte Runde.
Schirmherr soll der künftige Drogenbeauftragte der Bundesregierung sein. Auch mehrere Landesregierungen unterstützen die Aktion - etwa Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Die Gründe, übermäßig viel Alkohol zu trinken, sind vielfältig und reichen von Stress in der Familie oder Schule und Gruppendynamik bis zum Runterspülen von Problemen und Sorgen“, erklärte Kretschmann. „Die negativen gesundheitlichen Folgen und Gefahren haben die Kinder und Jugendlichen selten im Blick.“
Das Rauschtrinken ist aber nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei älteren Menschen verbreitet. Mehr als jeder fünfte Mann und rund acht Prozent der Frauen zwischen 65 und 79 Jahren betrinken sich regelmäßig bis zur Besinnungslosigkeit, hatte das Bundesgesundheitsministerium im Juni unter Berufung auf eine Studie des Robert-Koch Instituts in Berlin erklärt.