Parkinson: Therapie tief im Kopf
Elektrische Impulse erleichtern Patienten den Alltag. Doch die Eingriffe sind heikel, selbst wenn sie helfen.
Köln. Es ist eine Therapie, die das Gehirn beeinflusst — ein Organ, das mit der Persönlichkeit des Menschen am engsten verbunden ist. Trotzdem ist sie für viele Patienten eine große Hoffnung: die Tiefe Hirnstimulation (THS).
Schon rund 80 000 Parkinson-Patienten weltweit profitieren von dem neuen Verfahren, bei dem millimeter-kleine Elektroden im Gehirn elektrische Impulse an die Nervenzellen aussenden und so krankhafte Schwingungen in den neuronalen Netzwerken durch eine gezielte Stimulation unterdrücken.
„Wir können den Verlauf der Krankheit damit nicht aufhalten“, sagt Prof. Lars Timmermann, Oberarzt an der Klinik für Neurologie an der Uniklinik Köln, „aber wir können die Lebensqualität vieler Patienten verbessern.“
Bei vier von fünf Parkinson-Patienten könne das bekannte Zittern „erheblich reduziert“ werden, so Timmermann. „Die Beweglichkeit ist deutlich verbessert, die Schwankungen am Tag nehmen deutlich ab, und die Medikamente können oft um mehr als die Hälfte reduziert werden.“
Tatsächlich bezahlen die Krankenkassen die Tiefe Hirnstimulation, und das Interesse von Parkinson-Patienten ist groß. Etwa 250 000 Menschen leiden in Deutschland an der neurodegenerativen Erkrankung, die den Alltag enorm einschränkt.
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) hat in der Parkinson-Behandlung „einen Durchbruch“ gebracht, betont Prof. Gereon Fink, Direktor der Klinik für Neurologie an der Uniklinik Köln. Deshalb wird sie nun als Therapieform für andere neurologische oder psychiatrische Erkrankungen erforscht, etwa bei Epilepsie, Zwangsstörungen, Dystonie, Alzheimer oder Depressionen. Doch die Kölner Experten warnen vor Euphorie.
Denn von klinischer Routine ist die THS noch entfernt. Sie sollte nur eingesetzt werden, wenn Medikamente oder Verhaltenstherapien keinen Erfolg bringen. Es sind auch nicht alle Parkinson-Patienten dafür geeignet.
„Es gibt Symptome wie das Zittern, die mit klassischen Medikamenten nicht therapierbar sind, die auf die THS aber sehr gut ansprechen“, erklärt Timmermann. „Aber Patienten mit häufigen Stürzen, mit kognitiven Defiziten, mit Hypomanie, Spielsucht oder Demenz reagieren darauf nicht so gut.“
Vor allem aber kann es zu erheblichen Änderungen in der Identität kommen. Prof. Christiane Woopen, Leiterin der Forschungsstelle Ethik am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Uniklinik Köln und Vize des Deutschen Ethikrates, hat 30 Patienten vor und nach der OP befragt. Jeder Dritte registriert Charakteränderungen, fühlt sich selbstsicherer, offener, kommunikativer, aber auch aggressiver, impulsiver, depressiver oder gleichgültiger.
„Das kann auch durch den Krankheits- und Therapieverlauf bedingt sein“, sagt Woopen. „Aber auf jeden Fall müssen Patienten vor einem Eingriff über diese möglichen Folgen aufgeklärt werden.“