Scotch war gestern: Whisky aus Franken

Wartmannsroth (dpa) - Whisky boomt seit geraumer Zeit. Doch das „Wasser des Lebens“ kommt nicht mehr nur aus Schottland und Irland. Auch in Franken, wo seit Generationen Kornbrände produziert werden, stellen Landwirte jetzt Whisky her - mit einer eigenen lokalen Note.

Williams Christ, Quittengeist und Doppelkorn: Die Familie Bischof aus Wartmannsroth im Landkreis Bad Kissingen ist für Hochprozentiges aus der eigenen Brennerei schon seit mehr als 70 Jahren bekannt. Drei Generationen brannten dort schon ihre Schnäpse, bis ein Schottlandurlaub plötzlich alles veränderte. „Ich habe einfach mal den Kornbrand in Holzfässer eingelagert und drei Jahre lang stehen lassen“, sagt Bischof. Herausgekommen ist der erste Whisky aus der Rhön.

„Mittlerweile“, erzählt der Schnapsbrenner, „kommen wir gar nicht mehr hinterher mit der Produktion.“ Whisky ist so beliebt wie wenig andere Spirituosen. Sechs Millionen Deutsche greifen regelmäßig zu einem Whisky, ermittelte der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure in Bonn. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts SymphonyIRIGroup GmbH in Düsseldorf wandern jährlich rund 24 Millionen Flaschen über die deutschen Ladentheken, meist amerikanischer Bourbon oder schottischer Scotch.

„Wasser des Lebens“ nennen Whisky-Enthusiasten ihr Lieblingsgetränk, „flüssiges Gold“ sagen die Produzenten. Landwirt Anton Bischof ist vom Erfolg seines Rhöner Whiskys überwältigt. „Viele Menschen können gar nicht glauben, dass es auch Whisky aus Deutschland gibt“, sagt er. Bei der Prämierung des Fränkischen Klein- und Obstbrennerverbandes Würzburg hat Bischofs Whisky schon mehrmals die Goldmedaille eingeheimst. Einige Flaschen des Landwirts fanden ihren Weg bereits nach Frankreich und Belgien.

Der Umstieg von Kornbrand auf Whisky war für Bischof eigentlich unproblematisch. „Seit Generationen besitzen Landwirte in Franken Brennrechte für 300 Liter reinen Alkohol“, berichtet die Geschäftsführerin des Obstbrennerverbandes, Andrea Bätz. Lange Zeit destillierten die Bauern in ihren Brennereien lediglich Korn- und Obstbrände. Doch längst sind die nicht mehr zeitgemäß. „Die Genießer greifen jetzt mehr zum exquisiteren Whisky“, erklärt Bätz. Auch deshalb haben fränkische Brenner damit begonnen, das Hochprozentige in Holzfässern einzulagern. 25 Hersteller gibt es schon in der Region.

In Europa gilt als Whisky, was aus Getreide gebrannt ist und aus 40 Prozent oder mehr Alkohol besteht. In Holzfässern müssen die Kornbrände gelagert werden und das mindestens drei Jahre lang, schreibt die Europäische Spirituosenverordnung vor. In Schottland und Irland ist die Whisky-Herstellung weit stärker reglementiert als hierzulande. „Deutsche Hersteller haben viel mehr Freiheiten als ihre Kollegen“, sagt Julia Nourney, die als unabhängige Fachfrau für Whisky auch Brennereien berät.

So verwundert es nicht, dass auch der Rhöner Whisky aus der Brennerei Bischof völlig anders schmeckt als ein „Scotch“ oder „Irish“. Den Namen Whisky darf er trotzdem tragen. In Irland und Schottland destillieren die Hersteller bis zu zehn Millionen Liter reinen Alkohol im Jahr. Im Gegensatz dazu geht es in der fränkischen Whisky-Landschaft noch beschaulich zu. Für ihren Whisky benutzen die Bauern selbstangebautes Getreide, das Wasser kommt oft aus der dorfeigenen Quelle. Auch die Fässer stammen meist aus der Region.

Landwirt Bischof verwendet nur Holz aus dem Spessart und der Rhön. Sein Fasshersteller kommt aus dem Nachbardorf. Die große Nachfrage nach den wenigen hundert Flaschen Whisky hat aber auch seine Nachteile. „Ich würde ja gerne den Whisky auch mal länger als drei Jahre lagern“, erzählt Bischof. Am Ende des Geschäftsjahres ist das Whiskyfass aber meistens leer.

Immerhin gut ein Drittel seines Einkommens kann der Landwirt mit seinen Edelbränden und Likören verdienen. Rund 40 Tage muss er dafür seine Spezialitätenbrennerei laufen lassen, Maische für den Brennvorgang ansetzen und die Anlage rund um die Uhr überwachen. Hauptberuflich betreibt Bischof einen Hof mit 500 Mastschweinen und etwa 80 Hektar Land. Für einen halben Liter Whisky verlangt er 13,50 Euro - viel zu wenig, sagen Experten wie Nourney.

Noch befinden sich die deutschen Whiskyhersteller in der Experimentierphase. „In Franken hat jeder Hersteller eine andere Philosophie“, sagt Whisky-Kennerin Nourney. Die Rezepturen ändern sich jährlich, die Technik ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Ein Whisky-Produzent aus Bad Königshofen hat ein Fass sogar in das Gradierwerk des örtlichen Kurparks gehängt, damit der Whisky einen Salzgeschmack bekommt. „Jede Flasche“, sagt Nourney, „ist auch ein Stück lokale Identität.“