Sonniger September rettet Weinjahrgang
Mainz (dpa) - Der goldene Spätsommer hat es rausgerissen. Viele Winzer blickten im Weinjahr 2011 auch mal sorgenvoll auf ihre Reben. Doch im Herbst lasen sie durchweg reife und gesunde Trauben. Ihr Resümee: „Ernte gut - alles gut“.
Es war ein deutsches Weinjahr mit Höhen und Tiefen - plus Happy End. Dank des perfekten sonnigen und trockenen Wetters pünktlich zur Lese konnten viele Winzer einen Jahrgang in die Keller fahren, um den sie in einigen Regionen schon bangen mussten. So hatten Spätfröste im Mai in vielen Weinberge unter anderem in der Pfalz, in Rheinhessen, Franken und Württemberg die Blüten erfrieren lassen. Im August sorgten heftige Hagelschauer in manchen Rebzeilen für Totalverluste. Dann kam die Wende: Perfektes Lesewetter im September rettet die Ernte und viele Weingüter rechnen mit einem sehr guten Jahrgang 2011.
Die Winzer seien zu einem der frühesten Termine seit Beginn der Aufzeichnungen in die Lese gestartet und freuten sich nun über durchweg gesunde und reife Trauben, sagt der Sprecher des Deutschen Weininstituts, Ernst Büscher, in Mainz. Die erwartete Erntemenge liege etwa im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. „Der 2011-er hat die Chance, zu einem großen Jahrgang zu werden“, sagt der Präsident des Verbandes der Deutschen Prädikatsweingüter (VDP), Steffen Christmann, im pfälzischen Neustadt. Ob es ein Jahrhundertjahrgang in der Tradition der „Elfer“ wird, entscheide sich nun im Keller.
So gilt der 1811-Jahrgang als legendär und wurde sogar von Johann Wolfgang von Goethe gepriesen. „Viele Winzer haben dieses Jahr ein Wechselbad der Gefühle erlebt“, berichtet Christmann. Mit dem idealen Lesewetter sei nun eine Reife erreicht, „die man so dem Jahrgang nicht mehr zugetraut hätte“. Die fränkischen Winzer erwarten zwar keinen Jahrhundertwein, aber: „Das, was im Keller ist, lässt auf einen sehr guten Jahrgang hoffen“, sagt Hermann Mengler von der Fachberatung für Kellerwirtschaft beim Bezirk Unterfranken. „Die ersten Weine haben eine lupenreine und blitzsaubere Aromatik, die von der Rebsorte und von der guten Reife am Stock geprägt ist.“
Eine Rebsorte steche dabei besonders heraus - der Silvaner. Der Frost habe der Rebe nichts anhaben können. „Der Silvaner treibt später aus, er kennt das fränkische Wetter und weiß, dass es im Mai noch einmal kalt wird“, sagt Mengler. In Württemberg hatten viele Weingüter nicht soviel Glück: Frost und Hagel vernichteten dort rund ein Drittel der Trauben. Mit der Qualität der übrigen Ernte sind die Weinbauern jedoch hochzufrieden.
Glückliche Gesichter auch auf dem Weingut Wagner in Essenheim nahe Mainz: „Top von der Qualität, brauchbar von der Menge“, fasst Andreas Wagner den 2011er zusammen. Nach den mengenmäßig eher kleinen Jahrgängen 2009 und 2010 seien bei ihm viele Weinsorten ausverkauft. Dank der frühen Lese könnten nun voraussichtlich schon Anfang Dezember die ersten neuen Weißweine in den Verkaufsregalen stehen, sagt Wagner.
Winzer Felix Prinz zu Salm-Salm ist mit der Ernte auf seinem Weingut Villa Sachsen in Bingen ebenfalls rundum zufrieden. Das Verhältnis vom Zuckergehalt zur Säure sei „wie im Bilderbuch“. Menge und Qualität des Weins seien herausragend, sagt Enrico Friedland, Geschäftsführer des sächsischen Weinbauverbandes in Meißen. „Im Großen und Ganzen ist es ein sehr gutes Jahr, der Spätsommer hat viel herausgeholt.“
Die Qualität sei hervorragend, heißt es auch von der Mosel, wo die Rieslinglese in den Steillagen noch im Gange ist. Viele Weingüter ließen die gesunden Trauben bewusst noch bis zur Vollendung reifen, da so weitere Mineralstoffe gebildet werden, sagt Adolf Schmitt, Geschäftsführer der Saar Mosel Winzersekt GmbH in Trier. „Dies bedeutet, dass die Ernte vereinzelt bis Anfang November andauert.“