Wachsender Zulauf bei Schönheitschirurgen

Potsdam/Berlin (dpa) - Noch nie waren die Alten so jung wie heute. Doch egal, wie jung sich der Mensch fühlt - Falten verraten das Alter. Immer mehr Menschen suchen deshalb Abhilfe bei Ärzten.

Die immer älter werdende Bevölkerung lässt die Kassen der Schönheitschirurgen klingen. Die Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen beobachtet eine Zunahme von Operationen, schilderte der Berliner Mediziner Johannes C. Bruck. „Es gibt keine verlässlichen Zahlen, aber wir beobachten eine deutliche Zunahme der Eingriffe“, sagte Bruck. „Der Bedarf ist größer geworden.“

Ein wesentlicher Grund sei die immer größer werdende Diskrepanz zwischen dem Körpergefühl und dem tatsächlichen Alter. „Die Patienten wollen nicht aussehen wie die eigenen Großeltern“, so Bruck anlässlich eines Kongresses seiner Berufsvereinigung in Potsdam.

„Wir haben es mit einer sozialen Herausforderung zu tun: Die Menschen werden immer älter und es geht ihnen so gut wie es ihnen noch nie gegangen ist.“ Untersuchungen der Altersforschung belegten: Heute 80-Jährige haben eine Lebensqualität wie vor 20 Jahren die 60-Jährigen. Zugleich folge der Körper jedoch seinen eigenen Gesetzen: „Der Alterungsprozess ist Volumenverlust“, so Bruck. „Wir haben es mit zwei Fakten zu tun: Das Gerüst wird kleiner und die Substanz weniger - dadurch hängt alles wie ein Vorhang runter.“

Aufgabe der seriösen plastischen Chirurgie sei die Rekonstruktion. „Dabei geht es darum, dass abgerutschte Gewebe wieder aufzuhängen - aber so, dass es natürlich aussieht“, betonte der Berliner Arzt. Das Motto laute Modellieren statt Straffen. Seine Vereinigung setze sich für Qualitätssicherung ein. „Unser Anliegen ist es, ein natürliches Ergebnis zu gewährleisten und nicht, den Patienten zu entstellen“, betonte er und verwies auf durch Botox deformierte „Schlauchlippen“.

Der Mediziner betonte, dass in der Weiterbildung für Fachärzte der plastischen und ästhetischen Chirurgie eine psychologische Analyse und Bewertung mit Patienten vorgeschrieben sei. „Wir brauchen Ärzte, die zuhören“, so Bruck. „Wenn ich technisch das umsetzen kann, was sich der Patient von seinem Körperbild vorstellt - dann kann man ihnen wirklich helfen.“ Der Leidensdruck müsse jedoch vom Patienten ausgehen.

„Bedarfsdeckung ist ok. Das ist ärztliche Leistung, das ist auch eine Heilbehandlung“, so Bruck. „Bedarfsweckung ist aber Gewerbe. Das machen Kollegen, die quasi mit dem Lasso Patienten einfangen und das tun, was sie mit den Patienten machen möchten.“

Laut Bruck wurden 2003 nach einer Untersuchung rund 16 000 ästhetische Operationen registriert, bis 2008 stieg die Anzahl auf etwa 28 000. „Da die Eingriffe nicht meldepflichtig sind, können wir nur aus verschiedenen Quellen Hochrechnungen betreiben“, so der Arzt. So verkaufe die Industrie jährlich knapp 100 000 Implantate, etwa die Hälfte würden zum Brustaufbau nach Krebs verwendet.