Was Polen kulinarisch zu bieten hat

Berlin (dpa/tmn) - Wenn von der polnischen Küche die Rede ist, fallen schnell Ausdrücke wie fett und deftig. Das stimmt jedoch nur zum Teil. Denn nahrhaft sind die Speisen zwar in der Tat - aber das Land legt Wert auf natürlich erzeugte Lebensmittel.

Schmalz, Schinken und Würste aus Pommern und dem Ermland soweit das Auge reicht, geräucherte Fische aus Masuren, Käse aus Kleinpolen und duftendes Gebäck aus Großpolen: Wer sich auf der Internationalen Grünen Woche (21. bis 30. Januar) in Berlin umsieht, bekommt schnell den Eindruck, dass Deutschlands östliche Nachbarn es beim Essen deftig und bodenständig lieben. Polen ist unter dem Motto „Polska schmeckt!“ das Partnerland der weltgrößten Ernährungsschau.

Vor allem angesichts des Dioxinskandals in Deutschland werden Aussteller wie Jaroslaw Sloma von der Region Ermland-Masuren nicht müde zu betonen, dass viele Spezialitäten noch immer traditionell - und eben nicht industriell - hergestellt werden. Kurze Transportwege, wenig Zusatzstoffe und die Verwendung saisonal verfügbarer, frischer Zutaten sind einige der Aspekte, denen sich die Region verschrieben hat, als sie sich 2004 als erste polnische Woiwodschaft dem Europäischen Netz des Regionalen Kulinarischen Erbes anschloss. Dazu gehört auch, die traditionelle Esskultur zu bewahren.

„Man schmeckt es, ob Schmalz aus einer Hausschlachtung stammt oder industriell hergestellt ist“, sagt Werner Rudkowski. Der gebürtige Masure lebt seit 20 Jahren in Mittelpommern und vertritt auf der Messe das „Grüne Herz Pommerns“ - ein Zertifikat, das lokale Produkte aus einer Gegend rund 100 Kilometer südwestlich und westlich von Danzig auszeichnet. Neben hausgemachtem Griebenschmalz sind das vor allem Würste und Schinken.

„Viele sagen, die polnische Küche sei fett, das stimmt aber nicht“, erklärt die Kochbuchautorin Magrit Liepe. Sie umschreibt die kulinarischen Eigenheiten östlich der Oder lieber als gehaltvoll und nahrhaft - und, ja, kalorienreich. „Zwischen Adelskost und Bauernküche“ rangiere das Essen. Das könne man auch daran sehen, dass neben vornehmen Geflügelsorten wie Fasan oder Pute traditionell sehr viel Kohl, Pilze und Waldbeeren auf den Speisekarten standen und noch immer stehen. „Polen ist das pilzreichste Gebiet Europas“, erläutert Liepe. Es gebe kaum ein Gericht, das ohne auskommt - ob Pierogi, kleine gefüllte Teigtaschen, oder Bigos, traditioneller Krauteintopf.

Doch Suppen, Mehlspeisen und Fleischwaren sind nur eine Seite der polnischen Küche. Je weiter es in Richtung Norden, nach Großpolen und Masuren, geht, desto mehr Fisch findet sich auf den Tellern wieder. Der kommt nicht nur aus der Ostsee, sondern auch von der masurischen Seenplatte. Die Auswahl sei groß, sagt Jaroslaw Sloma von der Region Ermland-Masuren und zählt auf: Maräne, ein dem Felchen ähnlicher Fisch, Aal, Barsch, Zander und inzwischen auch wieder der Stör.

Nicht vergessen dürfe man, dass Polen auch ein „sehr süßes Land“ sei, fügt Magrit Liepe hinzu. Die Stadt Posen (Poznan) zum Beispiel ist stolz auf das St. Martins-Hörnchen, das ein Bäcker auf der Grünen Woche präsentiert: ein kleiner Kuchen in Hufeisenform, der mit Mandeln, Nüssen und Weißmohn gefüllt ist und auf den Traum eines Posener Konditors zurück gehen soll. Demnach verlor das Ross ein goldenes Hufeisen, als der Heilige Martin durch die Stadt ritt.

Beliebt ist auch der über dem offenen Feuer gebackene Baumkuchen. Der Teig wird bei einer Temperatur von etwa 300 Grad über einen Eichenstab gegossen, so dass der Kuchen durch Drehen Schicht um Schicht wächst. Diese Kunst kannten schon die Balten, Litauer und Pruzzen. Das zeigt auch, dass es die eine landestypische Küche gar nicht gibt. „Unsere Küche ist eine Kombination aus der deutschen, polnischen, litauischen, ukrainischen, russischen und jüdischen Küche“, sagt Sloma. Und Liepe ergänzt, dass diese Traditionen über Jahrhunderte bewahrt worden seien - in Zeiten so mancher Lebensmittelskandale sicher nicht die schlechteste Sache.

Literatur:

Liepe, Magrit: Polnisch kochen. Gerichte und ihre Geschichte, Werkstatt, 180 S., 16,80 Euro, ISBN-13 978-3-89533-414-6