WHO schlägt Antibiotika-Alarm: Sorglose Anwendung
Kopenhagen (dpa) - „Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt.“ Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt Alarm wegen der häufigen und allzu sorglosen Anwendung von Antibiotika.
In einer am Donnerstag zum Weltgesundheitstag (7. April) von der WHO-Europazentrale in Kopenhagen veröffentlichten Erklärung heißt es, bei einer weiter „rücksichtslosen Verwendung von Antibiotika“ sei eine Rückkehr zu Zeiten vor der Entdeckung dieser Mittel denkbar, weil dann selbst gewöhnliche Keime widerstandsfähig werden und auf die Behandlung nicht mehr ansprechen.
In den EU-Ländern sterben nach den WHO-Angaben pro Jahr 25 000 Menschen durch Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien, die meistens bei Krankenhausbehandlungen entstanden sind. Werden Antibiotika-Behandlungen nicht sachgerecht durchgeführt, überleben die hartnäckigsten Keime und können sich wieder vermehren. Durch diese Auslese können schließlich Bakterienstämme entstehen, denen manche Antibiotika gar nichts mehr anhaben können.
„Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt, weil die Resistenz gegen vorhandene Antibiotika beispiellose Ausmaße erreicht hat und neue Antibiotika nicht schnell genug bereitgestellt werden können“, sagte die europäische WHO-Chefin Zsuzsanna Jakab. Für die 53 Mitgliedsländer der WHO-Europaregion gibt es keine gemeinsame Statistik über Todesfälle durch Antibiotikaresistenzen, die Lage gilt aber als „noch schlimmer“ als in der EU, weil es vielerorts keine regulierte Anwendung antibiotischer Medikamente gebe.
Als Negativbeispiel nennt die WHO, dass Antibiotika in 14 von 21 osteuropäischen Ländern ohne ärztliches Rezept frei verkäuflich sind. Das würden unter anderem Landwirte nutzen, die ihren Tieren Antibiotika vorbeugend verabreichen. Viele Ärzte würden die Mittel außerdem „leichtfertig und unangemessen“ zur Behandlung von Virus-Infekten wie Grippe und simplen Erkältungen verschreiben, obwohl diese gar nicht damit behandelt werden könnten. Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, gegen Viren sind sie wirkungslos.