Zum Arzt nach Polen: Risiken und Nebenwirkungen inklusive

Deutsche Patienten zieht es zur Behandlung ins Ausland. Ein Besuch in der Praxis von Dr. Tomasz Grotowski.

Stettin. Bei Tomasz Grotowski schwillt die Nackenmuskulatur an. Die Kraft aus dem Schultergürtel überträgt sich auf die latexgeschützten Hände. Mit hoher körperlicher Anstrengung zieht der Arzt eine Schraube fest — im Mund von Waldemar Wisniewski.

Der Mittvierziger stöhnt auf. Sein Körper versteift sich bei jeder Drehung, um die der Zahnarzt das Implantat weiter in den Kieferknochen treibt. Dann hat Grotowski sein Werk vollendet. Der Patient atmet tief durch. „Nicht schlimm“, sagt er. „Ich war nur etwas nervös.“

Was sich in der polnischen Zahnarztpraxis in einem Außenbezirk von Stettin abspielt, kann einem Beobachter die Beine schwach werden lassen. Bikortikale minimalinvasive Schraubimplantation nennt Grotowski das Verfahren, von dessen Heilkraft er überzeugt ist.

Der Praxis fehlt jede Aura moderner High-Tech-Medizin. In einem winzigen Labor fertigt der Arzt den Zahnersatz selbst an. Grotowski hat 25 Jahre in Sizilien gearbeitet und sich dort das Renommee eines Implantat-Spezialisten erworben. Bei jeder fünften Behandlung liegen Patienten aus dem Westen auf Grotowskis Stuhl.

Deren Rechnung geht finanziell auf, selbst wenn sie eine Nacht im Hotel verbringen müssen. In der Bundesrepublik liegen die Kosten für ein Implantat zwischen 1500 und 2500 Euro. Kommt ein komplizierter Knochenaufbau hinzu, sind schnell 4000 Euro fällig. Grotowski bietet seinen Zahnersatz für 700 bis maximal 1000 Euro an.

Doch Grotowski, der leidlich gut Deutsch spricht, lässt den Vorwurf, er betreibe Billigmedizin, nicht gelten. „Ich verwende nur erstklassiges Material aus Italien“, sagt er. Und schief gehe bei ihm nichts. „Das ist noch nicht vorgekommen“, sagt er und klopft dem blassen Waldemar Wisniewski auf die Schulter.