Zur Reha nach Hause: In der eigenen Wohnung wieder fit werden
Bad Kreuznach (dpa/tmn) - Nach einer Operation in die Reha-Einrichtung — das ist gang und gäbe. Doch es geht auch mit der mobilen Rehabilitation anders: Therapeuten trainieren mit den Patienten zu Hause.
Bislang existieren aber nur wenige Anbieter in Deutschland.
Ein Motorradunfall - schweres Schädel-Hirn-Trauma: Der 40-jährige Mann konnte sich nach einer Behandlung in der Klinik zwar gut bewegen und laufen. „Aber er kam mit den praktischsten Dingen im alltäglichen Leben nicht mehr zurecht“, erzählt Paul Reuther, Leiter des Zentrums für Neurologische Therapie RheinAhr. Dazu gehörten zum Beispiel Zähneputzen, Rasieren oder Ankleiden.
Ein mobiles Rehabilitationsteam mit verschiedenen Therapeuten kam regelmäßig zu dem Patienten nach Hause, um diese Dinge in seinem gewohnten Umfeld zu üben. Reuther ist Neurologe und befasst sich seit mehreren Jahren mit der mobilen Rehabilitation. Sein Zentrum in Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz ist bislang der einzige Anbieter, der sich bundesweit im Bereich neurologischer Erkrankungen darauf spezialisiert hat. Ein gutes Dutzend anderer Einrichtungen widmet sich überwiegend der mobilen Betreuung von geriatrischen Patienten.
„Es ist ein Angebot für Menschen, die auf Unterstützung von Angehörigen angewiesen sind und zusätzlich einen Bedarf an Rehabilitation haben“, sagt Carola Schweizer, zweite Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mobile Rehabilitation. Dazu zählen Patienten nach einem Schlaganfall mit Lähmungen oder Schluck-, Sprach- und Sehstörungen, aber auch Patienten nach einem Oberschenkelhalsbruch und einer Operation.
Viele Patienten fielen aber einfach durch das Raster für die stationären oder ambulanten Rehabilitationsangebote, sagt Carsten Freitag, stellvertretender Geschäftsführer der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung. Die Stiftung hilft und berät Menschen mit Schäden am Zentralen Nervensystem (ZNS), zum Beispiel nach Verkehrsunfällen.
Teils machten eine Sucht- oder psychische Erkrankung den Aufenthalt in einer Klinik schwierig. In bestimmten Fällen könne es auch vorkommen, dass die Familie die kranken Angehörigen lieber zu Hause haben möchte. Für eine Reha vor Ort spreche dann, dass die Angehörigen angeleitet und dem Patienten Vertrauen geben können, sagt Freitag. „Da geht es um ganz konkrete Hilfestellungen: Wie bekomme ich den Patienten aus seinem Bett in den Wohnzimmersessel, so dass er am Familienleben teilhaben kann?“
In Modellversuchen wurden schon seit 1991 Konzepte für solch eine mobile Rehabilitation entwickelt. „Seit 2007 ist sie eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse im Sinne von "Reha vor Pflege"“, sagt Schweizer, Soziologin am Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) in Saarbrücken. Zu den Pflegediensten, die sich vor allem um Körperpflege und Ernährung kümmern, kann das mobile Reha-Team hinzukommen.
In der Wohnung des Patienten ist jedoch nicht das ganze Team auf einmal tätig. Vielmehr werden Einzeltermine von mindestens 45 Minuten an mindestens drei Tagen die Woche vereinbart, teils auch mehrere Termine am Tag, durchschnittlich sechs bis 14 Wochen lang. Dies hängt vom Einzelfall ab.
Warum gibt es jedoch bislang so wenige Angebote? „Es ist ein langwieriges Geschäft, die Bewilligung von den Krankenkassen zu bekommen, um die mobile Rehabilitation abrechnen zu können“, sagt Reuther. Ins Leistungsspektrum der Krankenkassen ist sie aber aufgenommen. Als erster Schritt muss sie vom Arzt verordnet werden.
„Es braucht wohl einfach auch Zeit, bis die Dienste Kapazitäten aufgebaut haben“, ergänzt Freitag von der ZNS Hannelore Kohl Stiftung. Interessierte können sich bei der BAG Mobile Rehabilitation in Bad Kreuznach erkundigen, ob in ihrer Nähe ein Dienst solche Leistungen anbietet, oder aber bei ihrer Krankenkasse.